Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Anforderungen an inhaltliche Bestimmtheit eines Haftungsbescheides wegen Abzugssteuer
Leitsatz (amtlich)
Soll der Vergütungsschuldner wegen Abzugssteuer eines beschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen gem. § 50 a Abs. 5 Satz 5 EStG in Anspruch genommen werden, muss der Haftungsbescheid die Steuerart bezeichnen. Die Haftungsinanspruchnahme wegen Einkommensteuer statt Körperschaftsteuer genügt nicht inhaltlichen Bestimmtheitsanforderungen.
Eine Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO wird im Regelfall daran scheitern, dass die Möglichkeit eines Rechtsirrtums bei der unzutreffenden Angabe der Steuerart nicht ausgeschlossen werden kann.
Normenkette
AO §§ 119, 129, 191; EStG § 50a
Tatbestand
Streitig ist in formeller Hinsicht, ob der angegriffene Haftungsbescheid noch erlassen werden durfte und ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) vorlagen, sowie in materieller Hinsicht, ob der Beklagte den Kläger als Vergütungsschuldner nach § 50 a Abs. 5 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Haftung nehmen durfte.
Anfang 2003 führte das seinerzeit zuständige Finanzamt Hamburg-1 (FA) eine Lohnsteueraußenprüfung betreffend Lohnsteuer und Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG unter Beteiligung des seinerzeitigen Bundesamtes für Finanzen (jetzt Bundeszentralamt für Steuern) bei dem Kläger durch. Der "Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung" datiert vom 28.5.2003. Unter Textziffer 5 enthält dieser Bericht Ausführungen zum Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG und nennt die Summe der Nachforderung unter Bezugnahme auf die dem Außenprüfungsbericht als Anlage beigefügten Prüfungsfeststellungen des Bundesbetriebsprüfers A. Gegen die Anwendung von § 50 a EStG erhob der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit beim FA am 15.9.2003 eingegangenem Schriftsatz Einwendungen. Am 25.9.2003 erließ das FA einen "Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und über die Aufhebung des Vorbehalte der Nachprüfung (Anlage K 8). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 29.04.2004 erließ das FA einen weiteren Haftungsbescheid, mit dem er den Kläger für Steuerabzugsbeträge nach § 50 a Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. § 50 a Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG, § 73 e der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in Anspruch nahm, und zwar wegen "§ 50 a Abs. 4 EStG für 2001: Einkommensteuer: ... Tausend Euro".
Zur Begründung verwies das FA auf den Teilbericht über die Mitwirkung an der Lohnsteueraußenprüfung durch das Bundesamt für Finanzen vom 07.04.2004 (wegen der Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid und den Teilbericht Bezug genommen).
Der Haftungsinanspruchnahme liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger schloss am ... ein "International Transfer Agreement" - mit Zusatzvereinbarung vom ... - mit dem ... Verein B, vertreten durch die Rechtsanwälte C & Partner, wonach der ... Spieler D (der Spieler) für den Zeitraum vom ... bis zum ... an den Kläger "entliehen" wurde (Anlage K 10). Für die Überlassung zahlte der Kläger im Kalenderjahr ... TDM an den Verein B. Die Zahlung erfolgte an die Rechtsanwälte C & Partner. Die Vertragsparteien nahmen die sog. Null-Regelung gem. § 52 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in Anspruch.
Gegen den Haftungsbescheid vom 29.4.2004 legte der Kläger am 7.5.2004 Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 21.03.2007 zurückwies (wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen). Hiergegen richtet sich die Klage vom 5.4.2007.
Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass der Kläger wegen Einkommensteuer in Haftung genommen werde, tatsächlich aber eine Haftungsinanspruchnahme wegen Körperschaftsteuer in Betracht komme, hat der Beklagte während des Klageverfahrens am 15.02.2008 einen nach § 129 Satz 1 AO geänderten Haftungsbescheid erlassen, mit dem der Kläger als Haftungsschuldner nunmehr für Körperschaftsteuer in Anspruch genommen wird. Dieser Bescheid ist gem. § 68 Satz 4 Nr. 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
Der Kläger ist in formeller Hinsicht der Auffassung, dass dem Erlass des ersten Haftungsbescheides bereits die Bestandskraft des Haftungs- und Nachforderungsbescheides vom 25.09.2003 entgegen stehe, mit dem auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden sei. Bereits dieser Bescheid habe den Prüfungsbericht vom 28.05.2003, der auch zum Steuerabzug nach § 50 a EStG Stellung genommen und auf die Prüfungsfeststellungen des Bundesbetriebsprüfers A Bezug genommen habe, umfassend ausgewertet. Der bestandskräftige Haftungs- und Nachforderungsbescheid enthalte insoweit eine Negativfeststellung bez. des Steuerabzugs.
Ferner beanstandet der Kläger, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung des angegriffenen Bescheides nach § 129 Satz 1 AO nicht vorgelegen hätten. An der Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit fehle es schon deshalb, weil der Beklagte erst auf einen gerichtlichen Hinweis die Änderung vorgenommen habe. Zudem werde bestritten, dass ein Mitarbeiter des Beklagten sic...