Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen des Ehemanns aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bei Ehefrau gemäß § 22 Nr. 1 S. 1 EStG zu besteuern ?
Leitsatz (redaktionell)
1) Wiederkehrende Leistungen aufgrund des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587 g BGB sind beim Empfänger nach § 22 Nr. 1 S. 1 EStG zu versteuern, da sie beim Leistenden als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abzugsfähig sind. Sie stellen keine Rentenleistungen dar, weil der Berechtigte kein Rentenstammrecht erwirbt und die Verpflichtung bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse gerichtlich abgeändert werden kann.
2) § 12 Nr. 2 EStG steht der Abziehbarkeit als dauernde Last nicht entgegen, da die Leistung zwar unterhaltsähnliche Wirkung hat, aber keinen Unterhalt darstellt, weil sie von der Bedürftigkeit des Berechtigten nicht abhängt.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1, § 351 Abs. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 1; BGB §§ 1587 g, 1587 f, 1587 d; FGO § 42
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Leistungen des Beigeladenen an die Klägerin in den Streitjahren 1993 bis 1996 aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG der Besteuerung zugrundezulegen sind.
Die Klägerin und der Beigeladene waren Eheleute. Sie sind seit 1985 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurde durch das Familiengericht der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt. Hierbei wurde wegen bestehender Versorgungsanwartschaften der Klägerin beim … – A. – und der Versorgungsanstalt der B. und des Beigeladenen aufgrund einer Gesamtversorgungszusage des A. der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Dieser wurde mit Beschluss des Familiengerichts C. vom 14. Dezember 1992 durchgeführt. Die Differenz der von der Klägerin und dem Beigeladenen erworbenen Anrechte, die im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu berücksichtigen waren, betrug dabei zugunsten des Beigeladenen … DM. Das Familiengericht errechnete aufgrund dessen eine Ausgleichsrente zugunsten der Klägerin in Höhe des hälftigen Betrages, mithin … DM. Seit dem 1. März 1992 leistete der Beigeladene entsprechende Rentenzahlungen an die Klägerin.
In ihren Einkommensteuererklärungen seit 1993 hatte die Klägerin weitere Renteneinkünfte erklärt, die sie mit dem Ertragsanteil berücksichtigte. Die Leistungen des Beigeladenen aufgrund des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in Höhe von jährlich … DM ließ sie aber unerwähnt. Die entsprechenden ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre wurden bestandskräftig.
Im Juli 1997 ging eine Kontrollmitteilung des für den Beigeladenen zuständigen Finanzamtes – dem Finanzamt D. – beim Beklagten ein. Aus dieser ergab sich, dass die Zahlungen des Beigeladenen an die Klägerin bei dessen Besteuerung als dauernde Last berücksichtigt wurden. In der Kontrollmitteilung wurde gebeten sicherzustellen, dass die Zahlungen bei der Klägerin als wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG versteuert werden.
Hierauf änderte der Beklagte die ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen 1993 – 1996 mit jeweils gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheiden vom 8. September 1997 und berücksichtigte die Zahlungen des Beigeladenen an die Klägerin in Höhe von jeweils … DM als andere wiederkehrende Bezüge, die er vollständig der Besteuerung zugrundelegte.
Die Klägerin legte hiergegen am 10. September 1997 bezüglich der Einkommensteuer 1993 bis 1996 Einspruch ein. Am 25. September 1997 wiederholte sie den Einspruch und erstreckte ihn u.a. auch den Solidaritätszuschlag für die Streitjahre 1995 und 1996.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 1998 – der Klägerin am 25. März 1998 mit Postzustellungsurkunde zugestellt – wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 27. April 1998 – einem Montag – Klage erhoben.
Sie macht geltend, die vom Beigeladenen erhaltenen Zahlungen seien steuerfrei. Das Wohnsitzfinanzamt des Beigeladenen gehe unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens vom 20. Juli 1989 BStBl I 1981, 567 offenbar davon aus, dass diese Zahlungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Last in vollem Umfang abzugsfähig seien. Dieses BMF-Schreiben sei jedoch spätestens seit dem Urteil des BFH vom 13. Oktober 1995, BStBl II 1995, 709 nicht mehr anwendbar. Der BFH habe in dem genannten Urteil entschieden, dass im Austausch mit einer Gegenleistung übernommene dauernde Lasten nur insoweit als Sonderausgaben abgezogen werden könnten, als der Wert der wiederkehrenden Leistungen den Wert der Gegenleistung übersteige. Sei dies nicht der Fall, führe der Leistungsaustausch zunächst nicht zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, der mit dem Abzug als dauernde Last Rechnung getragen werden solle, sondern nur zu einer Vermögensumschichtung. Dies bedeute, dass bei allen dauernden Lasten ...