Tatbestand
Der Kläger (Kl) betreibt unter Einsatz nur seiner eigenen Arbeitskraft einen …betrieb. Prozeßbevollmächtigte des Kl ist seine Ehefrau, die als … selbständig tätig ist.
Im Jahr 1995 betrugen die Umsätze des Kl 43.050,00 DM, die darauf entfallende Steuer 4.398,70 DM.
Wegen Nichtabgabe der Voranmeldung für das 1. Quartal 1996 setzte der Beklagte (Bekl) die Vorauszahlung im Wege der Schätzung fest. Nach Einreichung der Voranmeldungen für das 1. Quartal (Umsätze 6.947,00 DM, darauf entfallende Steuer 1.042,05 DM) sowie das 2. Quartal (Umsätze 6.154,00 DM, darauf entfallende Steuer 923,10 DM) legte der Kl mit Schreiben vom 07. August 1996 gegen die in den Voranmeldungen liegenden Vorauszahlungsbescheide Einspruch ein mit dem Antrag, die Vorauszahlungen auf 0,00 DM herabzusetzen. Sein Herabsetzungsbegehren begründete er unter Bezugnahme auf die Erläuterungen von Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 7. Auflage, § 19 Anm. 14 ff zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Kleinunternehmer nach § 19 UStG 1993 mit dem Gebot der Gewährung eines Steuerabzugsbetrages, für den die Obergrenze sachgerechterweise bei 80.000,00 DM bis 100.000,00 DM liegen müßte. Stadie vertritt die Auffassung, daß die sich aus § 19 Abs. 1 UStG 1993 ergebende Steuerbefreiung gegenüber den Unternehmern der gleichen Branche, deren Umsätze die Grenze von 25.000,00 DM nicht wesentlich überschritten, einen Wettbewerbsvorteil bewirke, der einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3. Abs. 1 GG) darstelle. Diese Benachteiligung sei derart erheblich, daß sie sich nicht mit Gründen der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen lasse. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluß vom 19. März 1974 – 1 BvR 416, 767, 779/68 – (BStBl II 1974, 273) ausgeführt, daß der übergangslose Wechsel von der damaligen Bruttoumsatzversteuerung mit 4 v. H. gem. § 19 Abs. 1 UStG 1967/73 zur Regelbesteuerung bei einem Gesamtumsatz von mehr als 60.000,00 DM zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen im Grenzbereich führe, die auf Dauer nicht in Kauf genommen werden könnten. Diese Wertung treffe auch auf die jetzige Regelung zu. Die Wiedereinführung des Steuerabzugsbetrages sei deshalb die einzige sachgerechte Lösung und mithin Voraussetzung einer verfassungskonformen Kleinunternehmerbesteuerung. Daran ändere auch nichts, daß das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 16. Dezember 1993 – 2 BvR 2635/93 (UVR 1994, 85) wegen der Aufhebung des § 19 Abs. 3 UStG a. F. durch das Steuerreformgesetz 1990 eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe, da es sich mit der „hier” aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problematik nicht habe befassen müssen.
Im übrigen machte der Kl geltend, angesichts des durchschnittlichen monatlichen Nettoumsatzes im 1. Halbjahr führe wegen der anfallenden festen Kosten „im allerengsten betrieblichen Sinn” jegliche Steuerzahlung zu einem Eingriff in die Substanz seines Unternehmens.
In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung (6. September 1996) stellte der Bekl fest, daß im Hinblick auf die Höhe des Vorjahresumsatzes die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG 1993 für das Streitjahr nicht zur Anwendung kommen könne. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Kleinunternehmerbesteuerung verwies er auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung betreffend die Umsatz-Vorauszahlungen für November und Dezember 1995 vom 06. September 1996. Hierin hatte er ausgeführt, daß die vom Kl geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken irrelevant seien. Wie dem Tenor der vom Kl zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen sei, halte dieses die sich aus der Kleinbetragsregelung ergebende Differenzierung in der umsatzsteuerlichen Belastung für mit dem Grundgesetz vereinbar. Zudem habe der Gesetzgeber den Wegfall der Steuerabzugsregelung nach § 19 Abs. 3 UStG a. F. insbesondere damit begründet, daß sich diese systemwidrige Regelung gesamtwirtschaftlich als nicht gerechtfertigt erwiesen habe. Im übrigen verwies er auf den BFH-Beschluß vom 28. September 1993 V B 90/93 (BFH/NV 1994, 206), wonach die Vorschrift des § 19 UStG nicht die Existenzsicherung des Kleinunternehmers bezwecke.
Neben der vorliegenden Klage, mit der der Kl sein Ziel weiterverfolgt, auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1974 – 1 BvR 416, 767, 779/68 (a. a. O.) seine – des Kl – Existenzfähigkeit vor dem „verfassungswidrigen” umsatzsteuerlichen Zugriff des Staates zu retten, und eine Vorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG begehrt, hatte der Kl einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide beim FG gestellt, der beim erkennenden Senat unter dem Az: 12 V 5856/96 anhängig war. Da der erkennende Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken des Kl gegen die Vorschrift des § 19 UStG nicht teilte, hatte er den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Beschluß vom 19. März 1997 abgewiesen; die (gleichwohl) zugelassene Beschwerde hatte keinen Erfolg (BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1997 – V B 52/97) – wegen...