Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteueranmeldung; Haftung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Geschäftsführer einer geschäftsführenden Komplementär-GmbH hat die Verpflichtung, bis zum 10. Tag nach Ablauf des Kalendermonats für die Abführung der von der KG einbehaltenen Lohnsteuer an das FA zu sorgen. Unterlässt er dies, verwirklicht er den Tatbestand vorsätzlich oder aber zumindest grob fahrlässig i.S.d. § 69 AO.
2. Der Zeitpunkt der Lohnzahlung ist maßgeblich. Tritt zwischen dem Zeitpunkt der Lohnzahlung und Lohnsteuerfälligkeit eine unvorhergesehene Verschlechterung der Liquidität ein, ist der Geschäftsführer nicht zur Bereithaltung der Steuer verpflichtet. Unvorhersehbar ist der Zahlungsengpass allerdings dann nicht, wenn im zu beurteilenden Zeitraum bereits Steuerrückstände für mehrere Monate entstanden sind.
Normenkette
AO §§ 34-35; EStG § 41a; EStG § 41a Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2; AO § 69
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu Recht für nicht abgeführte Lohnsteuer der Firma X GmbH & Co. KG in Haftung genommen worden ist.
Am 14.10.1998 ging beim Beklagten die Lohnsteuer-Anmeldung September 1998 der X GmbH & Co. KG ein. Hierin wurde Lohnsteuer in Höhe von 42.633,83 DM, Soldaritätszuschlag in Höhe von 2.248,84 DM, evangelische Kirchensteuer in Höhe von 254,36 DM und römisch-katholische Kirchensteuer in Höhe von 2.296,27 DM, insgesamt somit 47.433,30 DM angemeldet.
Eine Zahlung dieser angemeldeten Beträge erfolgte nicht.
Mit Haftungsbescheid vom 05.11.1998 nahm der Beklagte den Kläger als Geschäftsführer der Firma X GmbH gem. §§ 69, 34 der Abgabenordnung (AO) wegen Umsatzsteuerrückständen in Höhe von 440.005,– DM und Lohnsteuerrückständen in Höhe von 167.885,68 DM – darin enthalten die o.a. 47.433,30 DM – der Firma X GmbH & Co. KG in Haftung.
Am 05.11.1998 ist beim Amtsgericht B ein Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkursverfahrens der Firma X GmbH & Co. KG eingegangen. Mit Beschluss des Amtsgerichts B vom 05.11.1998 wurde Herr Rechtsanwalt H zum vorläufigen Vergleichsverwalter bestellt. In dem Beschluss wurde auf Grund des § 12 in Verbindung mit § 59 der Vergleichsordnung (VerglO) ein allgemeines Veräußerungsverbot für die X GmbH & Co KG ausgesprochen. Am 29.12.1998 wurde über das Vermögen der Firma X GmbH & Co. KG das Konkursverfahren eröffnet.
Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Haftungsbescheid. Mit dem geänderten Haftungsbescheid vom 08.01.1999 nahm der Beklagte den Kläger nur noch wegen Umsatzsteuerrückständen in Höhe von 419.327,78,– DM und Lohnsteuerrückständen in Höhe von 150.338,68 DM der Firma X GmbH & Co. KG in Haftung.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 13.03.2001 änderte der Beklagte nochmals den Haftungsbescheid und nahm den Kläger jetzt nicht mehr wegen Umsatzsteuerrückständen, sondern nur noch wegen Lohnsteuerrückständen in Höhe von 150.338,46 DM in Haftung. Darüber hinaus hatte der Einspruch jedoch keinen Erfolg. Der Kläger sei als Geschäftsführer der in der Firma X GmbH & Co. KG geschäftsführenden Komplementär-GmbH deren gesetzlicher Vertreter und damit verpflichtet, die der Komplementär-GmbH und der KG als Unternehmerin und Arbeitgeberin obliegenden Pflichten zu erfüllen. Dazu gehöre u. a. auch die Pflicht zur Anmeldung und zur Abführung der Lohnsteuer jeweils bis zum 10. Tag nach Ablauf des Kalendermonats. So habe den Kläger auch die Pflicht getroffen, für die Monate Juli, August und September 1998, die vom ausgezahlten Arbeitslohn der Arbeitnehmer einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt aus den von ihm verwalteten Mitteln abzuführen. Dieser Pflicht sei der Kläger dadurch nicht nachgekommen, dass er die fälligen Lohn- und Kirchenlohnsteuerschulden sowie die zugehörigen Nebenleistungen nicht entrichtet habe. Der Kläger hafte daher nach § 69 Satz 1 AO persönlich neben der KG. Der Kläger habe hinsichtlich der Lohnsteuer in jedem Fall seine Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße, also grob fahrlässig, verletzt. Er sei als Geschäftsführer für die rechtzeitige Abführung der Lohnsteuer alleine verantwortlich gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) sei die Frage des Verschuldens bei der Nichtabführung einbehaltener Steuerabzugsbeträge streng zu beurteilen. Die abzuführende Lohnsteuer sei nämlich ein bei der Lohnzahlung zurückbehaltener Teil des Arbeitslohnes der Arbeitnehmer, Schuldner der Lohnsteuer sei der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ziehe die Lohnsteuer nur treuhänderisch für Arbeitnehmer und Steuerfiskus ein. Die so einbehaltenen Steuerabzugsbeträge seien für den Arbeitgeber wirtschaftlich fremde Gelder. Er dürfe sie daher nicht sach- und zweckwidrig selbst verwenden. Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH handele regelmäßig grob fahrlässig i. S. des § 69 Abs. 1 AO, wenn er bei nicht ausreichenden Mitteln Arbeitslöhne ungekürzt auszahle, die darauf entfallenden Abzugssteuern jedoch nicht abführe. Sow...