Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer. Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der nichtselbständig tätigen Regionaldirektorin einer Versicherung. Einkommensteuer 1997 und 1998
Leitsatz (amtlich)
1. Unbeschränkte Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer: Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen stellt dann den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung dar, wenn der Steuerpflichtige dauerhaft, nachhaltig und kontinuierlich, also mehr als 50 v.H. seiner gesamte betrieblichen und beruflichen Betätigung, das Arbeitszimmer nutzt und bei Betätigungen, die auch außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers vorgenommen werden, der Schwerpunkt der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Der Schwerpunkt der Betätigung wird bestimmt durch das qualitativ für eine steuerbare Tätigkeit wesensmäßige, d. h. das die Tätigkeit prägende, Handeln.
2. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der auch im Außendienst, nichtselbständig tätigen Regionaldirektorin einer Versicherung liegt auf den außerhäuslich erbrachten Tätigkeitsfeldern, wenn im häuslichen Arbeitszimmer lediglich die Außendiensttätigkeit vor- und nachbereitet sowie ergänzt wird.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3, § 9 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 3.380,00 Euro.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Aufwendungen der Klägerin für ein häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang steuerlich berücksichtigungsfähig sind.
Die Klägerin erzielt als Regionaldirektorin einer Versicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Arbeitgeber der Klägerin ist die Familienfürsorge … mit Hauptsitz in D. Die Familienfürsorge unterhält keine eigenen Niederlassungen in den einzelnen regionalen Bereichen. Für die Betreuung des sogenannten „Nordbereichs” ist ein sogenannter Leiter und sind neben der Klägerin 5 weitere Regionaldirektoren zuständig.
Die Klägerin betreut den Bereich Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Ihr unterstehen 13 hauptamtliche Mitarbeiter. Laut Arbeitsvertrag vom 24. September 1992 hat die Klägerin im Rahmen ihrer Einsatzbereiche eine funktionsfähige Organisation bestehend aus haupt- und nebenberuflichen Mitarbeitern auf- und auszubauen, sie fachlich zu betreuen, zu lenken, im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung zu Ergebnissen zu kommen, die einen genau bezeichneten Kostenrahmen nicht überschreiten, an Zielvorstellungen der Familienfürsorge mitzuwirken und diese in Maßnahmen für ihren Arbeitsbereich umzusetzen, für die Erweiterung des Fachwissens zu sorgen, den Organisationsleiter zu vertreten, Tagungen, die je nach Bedarf einzuberufen sind, vorzubereiten und durchzuführen, dem Landes- bzw. Filialleiter und der Familienfürsorge Mitteilung zu machen über den beabsichtigten Ausbau der Organisation, so dass gemeinsam Maßnahmen zur Durchführung dieses Ziels eingeleitet werden können und in Verbindung hiermit die Aufbereitung des für den Bewerber vorgesehenen Arbeitsgebietes durchzuführen, Bewerber im Zusammenhang mit dem Landes bzw. Filialleiter auszuwählen und einzustellen und Außendienstmitarbeiter nach den diesem Vertrag beiliegenden Richtsätzen einzuarbeiten.
Ausweislich der Bescheinigungen ihres Arbeitgebers betrug die Reisetätigkeit der Klägerin 1996 an 75 Tagen über 10 Stunden, an 71 Tagen über 14 Stunden und an 16 Tagen über 24 Stunden und 1998 an 84 Tagen mindestens 8 Stunden, an 48 Tagen mindestens 14 Stunden und an 27 Tagen 24 Stunden. Für das Jahr 1997 liegt eine entsprechenden Bescheinigung des Arbeitgebers nicht vor. Nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung waren die tatsächlichen Verhältnisse vergleichbar.
Die Klägerin erhielt in den Streitjahren ein festes monatliches Entgelt, eine sogenannte Superprovision, Abschlußprovisionen aus selbst vermittelten Versicherungsverträgen und Anteilsprovisionen für die durch ihre Mitarbeiter abgeschlossenen Verträge sowie Boni für die Übererfüllung gesetzter Ziele. Daneben erhält die Klägerin eine Aufwandsentschädigung für Verpflegungsmehraufwendungen und diverse andere Aufwandsentschädigungen, u. a. auch für Bürokosten, die mit dem Gehalt überwiesen und von der Klägerin versteuert werden und Auslagenersatz für KfZ-Kosten, Spesen, Porto, Telefon u.ä. Der Klägerin wird ein Dienstwagen gestellt. Der Bruttoarbeitslohn betrug 1997 … DM und 1998 … DM.
Die Klägerin unterhält ein häusliches Arbeitszimmer im eigenen Haus. Das Arbeitszimmer ist mit den üblichen Kommunikationsmitteln, insbesondere mit einem mit der Hauptverwaltung verbundenen Computer, Telefon und Telefax ausgestattet. In dem Arbeitszimmer werden Kundenakten, Informationsmaterialien und Fachliteratur aufbewahrt. Die geltend gemachten tatsächlich angefallenen Aufwendungen betrugen 1997 … DM und 1998 … D...