Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkung der in § 152 BewG angeordneten Bedarfsbewertung auf den 1. Januar 1996. Verhältnismäßigkeit der Rückwirkung des BewG, §§ 146, 147 BewG. Erbschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Vorschriften der §§ 146 und 147 BewG für die Bewertung bebauter Grundstücke für die Erbschaftsteuer rückwirkend auf den 1. Januar 1996 anzuwenden sind.
Normenkette
BewG §§ 146-147, 152; FGO § 69 Abs. 2-3
Tenor
1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob die §§ 146 und 147 Bewertungsgesetz (BewG) bei der Erbschaftsteuer rückwirkend auf den 1. Januar 1996 angewendet werden dürfen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 19. Juli 2001 in Höhe von 8.179.299 DM wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
1. Nachdem der Senat die Zulässigkeit der Rückwirkung des Erbschaftsteuergesetzes bereits mit Beschlüssen vom 21. April 1999 – 4 V 4974/97 (ZEV 1999, 76) und vom 2. Oktober 1998 – 4 V 1889/98 (UVR 1999, 110) bejaht hat, wird insoweit auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Die Auffassung des FG München wurde zwischenzeitlich vom FG Berlin mit Urteil vom 22. Juni 2000 – 5 K 5183/99 (ZEV 2001, 168), BFH-Az. II R 74/00 bestätigt.
2. Soweit sich der Antragsteller speziell gegen die Rückwirkung der in § 152 BewG angeordneten Bedarfsbewertung richtet, schließt sich der Senat den Ausführungen des FG Düsseldorf im Urteil vom 7. Juni 2001 – 11 K 854/99 BG (EFG 2001, 1180); BFH-Az. II R 44/01 an, auf die er ergänzend verweist. Seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 1993, 165; BStBl II 1995, 671 bestand für die Steuerpflichtigen kein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage mehr, so dass zur Steuerersparnis in vielen Fällen in vorweggenommener Erbfolge Grundstücke geschenkt wurden, um noch in den Genuss der alten steuerlich günstigeren Einheitswerte zu gelangen.
3. Einwendungen gegen die Bedarfsbewertung der Grundstücke Ulmer Straße 50 und Weißenhornstr. 2 kann der Senat in diesem Verfahren wegen der Bindungswirkung der Bedarfsfeststellung nach § 138 Abs. 5 BewG i. V. m. § 351 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) bzw. § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht überprüfen. Insoweit wäre nur ein darauf gestützter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Folgebescheids (Erbschaftsteuer) unzulässig (s. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1987 VIII R 413/83, BStBl II 1988, 240 sowie Tipke-Kruse, 14. Aufl., AO/FGO, § 361 Tz. 6/§ 69 Tz. 27).
4. Eine Zulassung der Beschwerde kam wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht in Betracht. Trotz der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, weshalb auch die Finanzgerichte Berlin und Düsseldorf die Revision zugelassen haben, ist im Verfahren wegen AdV zu berücksichtigen, dass selbst bei einer anderen Auffassung des BFH das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen vorgeht (s. Gräber, FGO, 4. Aufl., Rz. 102 zu § 69 m.w.N.; s.a. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Januar 1998 5 V 32/97, EFG 1998, 776 zur angeblichen Verfassungswidrigkeit der Grunderwerbsteuer).
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen