Entscheidungsstichwort (Thema)

Weder Unterhaltszahlungen an Kinder noch Aufwendungen für die Kontaktpflege zu den Kindern noch Scheidungsfolgekosten sind außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG für Unterhaltszahlungen an Kinder steht dem Steuerpflichtigen schon dann nicht zu, wenn zwar nicht er, aber eine andere Person im Veranlagungszeitraum Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat.

2. Dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Scheidungsfolgekosten sind auch dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn ein Ehegatte die Aufnahme von Scheidungsfolgesachen in den Scheidungsverbund nicht verhindern kann, weil der andere Ehegatte dies beantragt. Denn nach dem derzeit geltenden Familienrecht können die Scheidungsfolgesachen (außer dem Versorgungsausgleich) wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen, Ehegatten- und Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden.

4. Die zumutbare Belastung bestimmt sich nach § 33 Abs. 3 EStG mit einem Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte. Dies ist verfassungsgemäß, soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem Existenzminimum liegt.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1, § 32 Abs. 6, §§ 31, 33 Abs. 1, 3, § 32a; EStH 2005 H 33.1; ZPO § 623

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.

I.

Der Kläger lebt seit Mitte 2003 von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Seit […] 2006 ist die Ehe geschieden. Für die beiden gemeinsamen Kinder [… A] (geboren […] 1999) und [… B] (geboren […] 2002) bestand im Streitjahr Anspruch auf Kindergeld. Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag [… im Jahr] 2004 die in seinem Alleineigentum stehende Eigentumswohnung, die bis zur Trennung der Ehegatten gemeinsam genutzt wurde, und zog in eine günstigere Mietwohnung um. Die Ehefrau lebt seit der Trennung mit den gemeinsamen Kindern in Norddeutschland.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 11.215 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend und zwar: Scheidungskosten in Höhe von 2.261 EUR, Fahrtkosten zur Kontaktpflege mit den Kindern in Höhe von 1.379 EUR, Kosten für den Sorgerechtsstreit in Höhe von 2.062 EUR, Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder in Höhe von 4.980 EUR, Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eigentumswohnung in Höhe von 291 EUR sowie Krankheitskosten in Höhe von 242 EUR. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – ließ im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 20. September 2006 von diesen geltend gemachten Aufwendungen lediglich die Scheidungskosten in Höhe von 2.261 EUR, die Kosten für den Sorgerechtsstreit in Höhe von 2.062 EUR und die Krankheitskosten in Höhe von 242 EUR als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zu (Summe: 4.565 EUR). Die zumutbare Eigenbelastung wurde mit 1.414 EUR berücksichtigt.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Nachdem das FA die Verböserung angekündigt hatte, kürzte es die bisher anerkannten Kosten für den Sorgerechtsstreit teilweise um Fahrtkosten zum Institut für Gerichtspsychologie in Höhe von 53 EUR, da es der Auffassung war, dass die zurückgelegte Fahrtstrecke 780 km und nicht wie geltend gemacht 810 km betrage. Das FA erhöhte dementsprechend die Einkommensteuerfestsetzung für 2005 in der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Die Unterhaltsleistungen für die gemeinsamen Kinder A und B […] könnten nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, da für die gemeinsamen Kinder ein Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld bestehe. Die Fahrtkosten zur Kontaktpflege seien nicht abzugsfähig, da die Aufwendungen für die nicht im eigenen Haushalt lebenden Kinder durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag abgegolten würden und deshalb nicht außergewöhnlich seien. Die Kosten aus dem Verkauf der Eigentumswohnung seien nicht außergewöhnlich, denn mit derartigen Aufwendungen habe jeder Steuerpflichtige zu rechnen, der eine Immobilie veräußere. Das FA berücksichtigte demgemäß noch Aufwendungen in Höhe von 4.512 EUR als außergewöhnliche Belastungen. Die zumutbare Eigenbelastung errechnete das FA mit 1.414 EUR (3% von 47.143 EUR).

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die Aufwendungen für die Besuchsfahrten, den Unterhalt und den Verkauf der Eigentumswohnung als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zuzulassen und die außergewöhnlichen Belastungen nicht durch eine zumutbare Belastung zu kürzen. Die Aufwendungen für die Unterhaltsleistungen an die gemeinsamen Kinder seien als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zuzulassen. Zwar sei Voraussetzun...

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