Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Sachbezugs aus privater Nutzung des Dienstfahrzeugs. Anforderungen an ein Fahrtenbuch eines Handelsvertreters. Einkommensteuer 1995, 1996, 1997, 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Fahrtenbuch eines Handelsvertreters für das ihm vom Arbeitgeber auch zur Privatnutzung zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug ist nicht ordnungsgemäß, wenn u.a. regelmäßig die Angabe des Kilometerstands zu Fahrtbeginn fehlt, bei den beruflich bedingten Fahrten Angaben zu den aufgesuchten Kunden und deren Namen fehlen, diese auch in Verbindung mit den vorgelegten Reisekostenabrechnungen und Kundenlisten nicht immer sicher ermittelt werden können, zudem die Eintragungen im Fahrtenbuch und den Reiskostenabrechnungen nicht immer übereinstimmen und ferner die Eintragungen im Fahrtenbuch teilweise tatsächlich unrichtig sind.
2. Das FA ist in diesem Fall berechtigt, den privaten Nutzungsanteil für Streitjahre vor 1996 zu schätzen (hier: Privatanteil von 20 % im Streitjahr 1995) bzw. durch die –nach Ansicht des BFH und des erkennenden Senats verfassungskonforme– Regelung nach § 8 Abs. 2 S. 2 ff. i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 ff. EStG 1996 zu typisieren. Es ist daran auch nicht durch eine Bindung an frühere Lohnsteueraußenprüfungen beim Arbeitgeber gehindert, bei denen vergleichbar geführte Fahrtenbücher nicht beanstandet worden waren.
Normenkette
EStG 1996 § 8 Abs. 2 Sätze 4, 2-3, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3, § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1; EStG 1995 § 8 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe Einnahmen aus der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeugs anzusetzen sind.
Der Kläger (Kl) ist als Außendienstmitarbeiter auf Provisionsbasis bei der Firma X GmbH seit 1. März 1995 angestellt. Die Klin, seine Ehefrau, ist nicht berufstätig. Bereits vor Au fnahme der Außendiensttätigkeit hatte ihm seine spätere Arbeitgeberin seit November 1994 ein Kfz der Marke Renault zur Nutzung im Rahmen eines beabsichtigten, aber gescheiterten Aufbaus einer selbständigen Tätigkeit überlassen. Hieraus ist dem Kl nach den Ermittlungen des Finanzamts (FA) unter Berücksichtigung des geldwerten Vorteils aus der Kfz-Nutzung insgesamt ein Verlust entstanden. Dieses Fahrzeug, ab April 1996 ein Chrysler, stand ihm auch nach Antritt des Arbeitsverhältnisses bei seiner Außendiensttätigkeit zur Verfügung. Das jeweilige Kfz durfte er mit Einverständnis seiner Arbeitgeberin auch für Privatfahrten nutzen.
Nach den Feststellungen einer im Jahr 2000 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung hatte die Arbeitgeberin die Privatfahrten des Kl jeweils zum Jahresende mit 0,52 DM je gefahrenem Kilometer, ab 1996 mit dem jeweils nach den tatsächlichen Kfz-Kosten errechneten Kilometer-Satz der individuellen Besteuerung unterworfen. Zur Ermittlung der Privatfahrten und der tatsächlichen Kosten waren vom Kl Fahrtenbücher, auf die Bezug genommen wird, geführt worden. Der Prüfer sah diese nicht als ordnungsgemäß an, weil der Kilometerstand zu Beginn der jeweiligen Fahrt und damit größtenteils Angaben zu den zurückgelegten Strecken fehlten und regelmäßig keine Angaben zum aufgesuchten Geschäftspartner sowie, im Fall einer größeren Differenz zwischen direkter und tatsächlicher Entfernung des Reiseziels, zur Reiseroute gemacht wurden. Er schätzte deshalb den aus der privaten Nutzung entstandenen geldwerten Vorteil im Jahr 1995 auf 20 v.H. der Gesamtkosten und ermittelte ihn ab 1996 unter Anwendung der 1 v.H.-Regelung. Unter Berücksichtigung der bisher versteuerten Einnahmen errechnete er folgende nac hzuversteuernde Beträge: 1995 1207 DM, 1996 4998 DM, 1997 5690 DM und 1998 5814 DM.
Das FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ entsprechende nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderte ESt-Bescheide vom 22.2.2000 und setzte die ESt für 1995 auf 15101 DM, für 1996 auf 18430 DM, für 1997 auf 21008 DM und für 1998 auf 22564 DM fest.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Zur Begründung der ablehnenden Einspruchsentscheidung (EE) vom 24.1.2001 führt das FA im Wesentlichen aus: Im Streitfall fehlten in den Fahrtenbüchern Angaben zu den täglich gefahrenen Kilometern sowie zu Reisezweck und aufgesuchten Kunden. Grundvoraussetzung für eine objektive Nachprüfbarkeit der Veranlassung der einzelnen Fahrten seien Angaben zum jeweils aufgesuchten Kunden. Eine zuverlässige Überprüfungsmöglichkeit ergebe sich auch nicht aus den Reisekostenabrechnungen, da auch diese keine Angaben über die besuchten Kunden enthielten. Die Kunden seien auch nicht mit Hilfe der Kundenliste identifizierbar. Die Fahrtenbücher seien auch deswegen ohne Beweiswert, weil die Fahrten nur tageweise, nicht aber einzeln aufgeführt seien. Die Schätzung des geldwerten Vorteils für die Jahre 1996 mit 1998 mit monatlich 1 v.H. des Kfz-Listenpreises sowie in 1995 mit 20 v.H. der Kfz-Gesamtkosten sei daher zu Recht erfolgt; die Schätzung liege ...