Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990 und 1991
Nachgehend
Tenor
1. In Änderung der Einkommensteuer-Bescheide 1990 vom 3. April 1991 und 1991 vom 6. Mai 1992 und der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 1994 wird die Einkommensteuer 1990 auf 8 390 DM, die Einkommensteuer 1991 auf 11 574 DM sowie der Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1991 auf 434,02 DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenausspruch für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe der dem Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf 2 878 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger schloß mit seinen Eltern, … am 17. März 1982 einen notariellen Vertrag, mit dem ihm der Vater das Eigentum an der Eigentumswohnung …, in München übertrug. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung einer monatlichen „Leibrente” in Höhe von 500 DM (Nr. XVIII: des Vertrags). Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag verwiesen (§ 105 Abs. 3 FGO). Die Leibrente sollte wertbeständig sein und wurde deshalb an den Lebenshaltungskostenindex des Statistischen Bundesamts in der Weise gekoppelt, daß bei einer Erhöhung des Index um mindestens 10 v. H. eine entsprechende Anpassung der Zahlungen erfolgen sollte.
Mit notariellem Vertrag vom 24. Juni 1991 wurde der erste notarielle Vertrag dergestalt geändert, daß jeder Beteiligte, sofern durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des Verpflichteten oder der Berechtigten nicht mehr gewährleistet ist, Abänderung gemäß § 323 ZPO verlangen kann und damit die Rentenverpflichtung als eine dauernde Last anzusehen sei.
In den Einkommensteuer-Erklärungen des Klägers und seiner mit ihm zur Einkommensteuer zusammenveranlagten Ehefrau für die Streitjahre 1990 und 1991 wurden die Rentenzahlungen als dauernde Last geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt (Finanzamt) setzte in den Einkommensteuer-Bescheiden für die Streitjahre vom 3. April 1991 bzw. vom 6. Mai 1992 jeweils nur den Ertragsanteil an. Zur Begründung wurde auf ein Schreiben der Oberfinanzdirektion München vom 7. November 1989 verwiesen.
Gegen die Bescheide legte der Kläger Einspruch ein. Diese Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 1994 von Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen. Im wesentlichen stützte das Finanzamt seine Entscheidung darauf, daß im Vertrag vom 17. März 1982 eine Bezugnahme auf § 323 ZPO nicht erfolgt sei. Eine Änderungsmöglichkeit in diesem Sinne ergebe sich auch nicht aus dem Vertragsinhalt. Vielmehr spreche die Indexierung gegen eine Abänderbarkeit. Das BFH-Urteil vom 11. März 1992 X R 141/88 (BStBl II 1992, 499) ändere daran nichts. Es gehe zwar von einer grundsätzlichen Abänderbarkeit von Versorgungsleistungen aus, setze jedoch den Abschluß eines typischen Versorgungsvertrags voraus, in dem sich der Übernehmer zu einem „Inbegriff” von Versorgungsleistungen verpflichte; dazu gehörten z. B. Pflege, Betreuung, Kostenübernahme bei Krankheit, also Aufwendungen, die beim Eintreten eines entsprechenden Falles zu einer Änderung führten. Hierfür ergäben sich aus dem Vertrag keine Anhaltspunkte.
Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen ausgeführt:
Seit 1982 werde dem Kläger eine Leibrente als Versorgungsleistung nur mit dem Ertragsanteil von 22 v. H. anerkannt, obwohl nachweislich in anderen Bundesländern der volle Betrag angerechnet werde. Hier sehe der Kläger sein Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt. Bereits 1992 habe der X. Senat des BFH festgestellt, daß bei einer Leibrente als Versorgungsvertrag keine ausdrückliche Abänderungsklausel erforderlich sei und somit die Voraussetzungen für eine dauernde Last vorlägen. Im Streitfall sei die Abänderbarkeit nicht ausgeschlossen worden. Außerdem habe der Kläger Pflegekosten in Höhe von 10 121,96 DM übernommen. Die Rentenbescheide für die Eltern bewiesen die Versorgungsidee, da zwei Personen unmöglich von einer Rente von 1 240,22 DM bei einer Miete von 885,91 DM leben könnten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, in Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte die Einkommensteuer 1990 auf 8 390 DM und die Einkommensteuer 1991 auf 11 574 DM (Solidaritätszuschlag 434,02 DM) festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es trägt im wesentlichen vor:
Der Große Senat des BFH (Beschluß vom 15. Juli 1991 GrS 1/90 BStBl II 1992, 78) habe entschieden, daß Versorgungsleistungen als dauernde Last gelten sollten, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen durch ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO oder in anderer Weise aus dem Vertrag ersichtlich sei. Das Fehlen der Änderungsklausel des § 323 ZPO führe entgegen der Klägeransicht nicht automatisch zu abänderbaren Zahlungen und deshalb zu dauernden Lasten. Vielmehr sei erforderlich, daß aus dem übrigen Vertragsinhalt ...