Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH II B 38/15)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Schenkung unter Lebenden mit Nießbrauchsvorbehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Von der Grunderwerbsteuer sind Schenkungen unter Lebenden ausgenommen. Behält sich ein Schenker den Nießbrauch am Grundstück vor, so handelt es sich um eine Schenkung unter Auflage. Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung mit Grunderwerbsteuer jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind (§ 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG).

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 G, § 3 Abs. 2, § 8 Abs., § 9 Abs. 1 Nr. 1; BewG §§ 14-15

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.02.2017; Aktenzeichen II B 38/15)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt bei Ermittlung des Wertes der Gegenleistung

  • der Jahreswert der Nutzungen nach § 16 BewG zu begrenzen ist,
  • die bei der Schenkungsteuer zu berücksichtigenden Freibeträge ganz oder teilweise die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer mindern,
  • als Bemessungsgrundlage der im Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts vom 10.11.2011 ermittelte Gebäudereinertrag von 28.647 € heranzuziehen ist.

I.

X wurde Alleineigentümerin des Grundstücks M in N (Wohnhaus, Bäckereigebäude und Hofraum zu 320 qm). Das Grundstück belastete sie zugunsten ihres Ehemannes mit einem unentgeltlichen Nießbrauchsrecht, aufschiebend bedingt mit ihrem Ableben.

II.

Mit notariellem Vertrag vom 02.11.2010 übertrug X ihrem Bruder A1. – dem Kläger – sowie ihren beiden Nichten A2. und A3. – den Klägerinnen – jeweils einen ideellen 20/100tel Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz. Als Gegenleistung behielt sie sich den unentgeltlichen Nießbrauch an den drei Miteigentumsanteilen auf Lebensdauer vor, im Übrigen erfolgte die Überlassung unentgeltlich. Eine etwa anfallende Grunderwerb- oder Schenkungsteuer trugen die „Ehegatten A1.“ (= der Kläger und seine Ehefrau).

Nach Aufforderung durch das Finanzamt erklärte der Kläger wie folgt:

Rohertrag des Gebäudes (3.878 € x 12)

46.536 €

Bewirtschaftungskosten (24 v.H.)

11.169 €

Grundstücksreinertrag

35.367 €

Verzinsung des Bodenwerts (5,5 v.H.)

6.160 €

Reinertrag des Gebäudes

29.207 €

Ertragswert des Grundstücks (je übertragener Anteil)

94.132 €

Jahreswert des bei der Schenkungsteuer abzugsfähigen

Nießbrauchs (3.878 € x 12 x 20 %=)

9.307 €

Maximalwert (94.132 € / 18,6 =)

5.061 €

Wert des Nießbrauchs (5.061 € x 15,454)

78.213 €

nicht abzugsfähig nach § 13c ErbStG

6.054 €

bei der Schenkungsteuer abzugsfähiger Nießbrauch

jeweils 72.159 €

Das für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt setzte mit 3 Bescheiden vom 22.03.2011 jeweils aus einer Bemessungsgrundlage (hier: Wohnrecht) von 5.061 € x 15,454 = 78.212 € Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 2.737 € fest und erläuterte, dass Freibeträge, die bei der Festsetzung der Schenkungsteuer abgezogen werden, die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht mindern; die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Kläger legten Einsprüche ein und begehrten, § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG so auszulegen, dass Auflagen wie der Nießbrauch nur insoweit der Grunderwerbsteuer unterliegen, als sie die Schenkungsteuer tatsächlich gemindert haben. Die Bemessungsgrundlage von 78.212 € sei daher um die persönlichen Freibeträge für Geschwister und deren Abkömmlinge ersten Grades jeweils um 20.000 € zu mindern und Grunderwerbsteuer daher nur in Höhe von jeweils 2.339 € festzusetzen. Der mit einem Nießbrauchsrecht belastete Erwerber dürfe nicht schlechter stehen als der unbelastete Erwerber; bei Übertragung einer Immobilie mit einem Wert von 20.000 € fiele zwar bei Belastung mit einem Nießbrauchsrecht ebenfalls keine Schenkungsteuer, dafür jedoch Grunderwerbsteuer auf das Nießbrauchsrecht an.

Während des Einspruchsverfahrens ermittelte und stellte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 10.11.2011 den Grundbesitzwert für das gesamte Objekt bzw. anteilig für den Kläger zu A1. wie folgt bestandskräftig fest:

Rohertrag des Grundstücks

46.536 €

Bewirtschaftungskosten pauschaliert (24 v.H.)

11.169 €

Reinertrag des Grundstücks

35.367 €

Bodenwertverzinsung (Liegenschaftszinssatz gemäß Gutachterausschuss: 6,00 v.H.)

6.720 €

Gebäudereinertrag

28.647 €

Grundbesitzwert

448.888 €

Anteiliger Grundbesitzwert (20 v.H.)

89.777 €

Das für Schenkungsteuer zuständige Finanzamt setzte gegenüber jedem Kläger mit Bescheid vom 04.11.2011 aus Besitzposten von 89.777 € unter Abzug einer Nießbrauchslast von 74.592,14 €, Kosten für Notar und Grundbuchamt von 242 €, einem Freibetrag nach § 13c ErbStG von 6.021,90 € und unter Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Schulden (§ 10 Abs. 6 ErbStG) von 5.003,36 € wegen des Freibetrages nach § 16 ErbStG von 20.000 € Schenkungsteuer von 0 € fest.

Der Kläger brachte daraufhin im Einspruchsverfahren vor, dass der anteilige Jahreswert des Nießbrauchs somit höchstens (89.777 € / 18,6 =) 4.826 € betrage, sich die Bemessungsgrundlage a...

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