Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
Leitsatz (amtlich)
Die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020 führt zur Ungleichbehandlung, für die nach vorläufiger Prüfung ein sachlicher Rechtfertigungsgrund nicht vorliegt.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 6 Sätze 2, 5; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Sätze 1, 3
Nachgehend
Gründe
I.
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller wenden sich gegen die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2020.
Der Antragsteller erzielte im Streitjahr 2021 neben Einkünften aus Kapitalvermögen auch steuerfreie, dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Luxemburg.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2021 erklärten die Antragsteller u.a. ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften des Antragstellers i.H.v. 250.631 EUR und Verluste aus Termingeschäften ohne Steuerabzug i.H.v. 227.289 EUR. Aus den Abrechnungen von X Ltd. ergaben sich für das Streitjahr 2021 folgende Beträge aus den CFD-Investitionen: Profit i.H.v. 253.166,90 EUR und Loss i.H.v. 226.728,54 EUR. Daneben erzielte der Antragsteller Verluste aus Swaps i.H.v. 3.095,46 EUR.
Im Einkommensteuerbescheid für 2021 vom 17.04.2023 wies der Antragsgegner darauf hin, dass die laufenden Verluste aus Termingeschäften des Antragstellers in Höhe des gesetzlichen Höchstbetrags von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet und die noch nicht verrechneten laufenden Verluste i.H.v. 207.289 EUR in der Verlustfeststellung berücksichtigt worden seien. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Antragstellers ermittelte er wie folgt (in EUR):
Gewinne aus Termingeschäften |
250.631 |
Verrechnung laufender Verluste aus Termingeschäften i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG |
20.000 |
Verrechnung von Verlustvorträgen aus Kapitalvermögen ohne Verluste aus der Veräußerung von Aktien |
15.203 |
abzgl. Sparer-Pauschbetrag |
1.602 |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
213.826 |
Gegen den Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Unter Berufung auf das beim BVerfG anhängige Verfahren 2 BvL 3/21 machten sie Einwände gegen die Beschränkung der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften geltend.
Die zunächst in Aussicht gestellte AdV gegen Erbringung einer Sicherheitsleistung lehnte der Antragsgegner nach Änderung seiner Rechtsauffassung mit Bescheid vom 11.07.2023 ab. Zur Begründung verwies er auf das anhängige Verfahren 2 BvL 3/21 und das BMF-Schreiben vom 31.01.2022, wonach der Einkommensteuerbescheid nachträglich vorläufig zu stellen sei, so dass eine AdV nicht in Betracht komme.
Zur Begründung ihrer gegen die Ablehnung der AdV sowie gegen den Einkommensteuerbescheid gerichteten Einsprüche trugen die Antragsteller vor, dass ein nachträgliches Setzen eines Vorläufigkeitsvermerks nicht erfolgen könne, da das Verfahren vor dem BVerfG nur Aktienveräußerungsverluste und nicht Termingeschäfte betreffe.
Der Antragsgegner wies den Einspruch gegen die Ablehnung der AdV mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2023 als unbegründet ab.
Ebenso wies der Antragsgegner den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2023 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, aufgrund der geltenden Gesetzeslage sei die Verlustverrechnungsbeschränkung bzgl. der Termingeschäfte rechtmäßig gewesen. Bei einem Termingeschäft werde ein Vertrag abgeschlossen, der den Kauf einer bestimmten Ware zu einem bestimmten Preis und einem fest definierten Liefertermin in der Zukunft regele. Möglich sei diese Art des Handelns mit Wertpapieren, Zinsen, Währungen oder Waren. Das wesentliche Kennzeichen der Termingeschäfte sei, dass weder Verkäufer noch Käufer vor dem in dem Vertrag geregelten Termin ihre Leistungen erbringen müssten. Die daraus resultierenden Gewinne und Verluste gehörten gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG dürften Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Sie minderten jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erziele, vgl. § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG. Bei Einkünften aus Termingeschäften gelte eine besondere Verlustverrechnungsbeschränkung. Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG dürften Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden. Die Verrechnung der Verluste sei beschränkt auf einen Höchstbetrag von 20.000 EUR pro Veranlagungszeitraum. Nicht verrechnete Verluste würden gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG am Schluss eines Veranla...