Rz. 25
Die §§ 4–8 BewG regeln die verschiedenen Fälle bedingter und befristeter Erwerbe und Lasten. Sie beruhen auf dem Grundsatz, dass der am Bewertungsstichtag bestehende Zustand maßgebend sein soll und später möglicherweise eintretende Umstände zunächst nicht berücksichtigt werden.
Die Regelung des § 98a S. 2 BewG, wonach bei der Bewertung des Betriebsvermögens die §§ 4–8 BewG nicht anzuwenden waren, ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz zum 1.1.2009 gestrichen worden. Sie war darauf zurückzuführen, dass die zu einem Gewerbebetrieb gehörenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter nach § 109 Abs. 1 BewG mit den Steuerbilanzwerten anzusetzen waren. Allerdings entfalten die §§ 4–8 BewG für die Bewertung des Betriebsvermögens auch nach neuem Recht nur insofern Wirkung, als diese ausnahmsweise von der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter abhängt. Auf den Regelfall der Gesamtbewertung des Unternehmens wirken sie sich hingegen nicht unmittelbar aus.
Rz. 26
Die bewertungsrechtliche Behandlung knüpft uneingeschränkt an die zivilrechtliche Beurteilung der entsprechenden Vorgänge an. Der Grad an Wahrscheinlichkeit, der am Bewertungsstichtag für den Eintritt oder Nichteintritt einer Bedingung besteht, wird nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass ein aufschiebend bedingter Anspruch ein Anwartschaftsrecht begründet.
Rz. 27
Nach bürgerlichem Recht können Rechtsgeschäfte unter einer Bedingung vorgenommen werden. Unter einer Bedingung ist ein zukünftiges ungewisses Ereignis zu verstehen, wobei der Zeitpunkt des Eintritts oder Nichteintritts entweder gewiss oder ungewiss sein kann.
Werden die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts von der Eheschließung des A abhängig gemacht, ist nicht nur ungewiss, ob das Rechtsgeschäft wirksam wird, sondern auch wann. Geht A keine Ehe ein, steht erst mit seinem Tod fest, dass die Wirkungen des Rechtsgeschäfts ausbleiben. Werden die Wirkungen des Rechtsgeschäfts demgegenüber davon abhängig gemacht, dass A bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (z. B. seinem 30. Geburtstag) heiratet, steht spätestens zu diesem Termin fest, ob das Rechtsgeschäft wirksam wird oder nicht.
Rz. 28
Bei einer aufschiebenden Bedingung tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung erst mit dem Eintritt der Bedingung ein. Bei einer auflösenden Bedingung endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Zustand wieder ein.
Für die Abgrenzung von auflösenden und aufschiebenden Bedingungen kommt es auf den durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten an. Sollen die Rechtswirkungen sofort eintreten und später ggf. wieder wegfallen, liegt eine auflösende Bedingung vor; sollen die Rechtswirkungen nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung. Ein Recht, dessen Erwerb davon abhängt, dass ein bestimmtes Ereignis nicht eintritt, ist regelmäßig nicht aufschiebend, sondern auflösend bedingt. Die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts ist für die Abgrenzung ohne Bedeutung; insoweit wird durch § 6 BewG die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich ausgeschlossen.
Rz. 29
Das künftige Ereignis, von dessen Eintritt die (weitere) Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts abhängt, kann in einer von dem Willen eines an dem Rechtsgeschäft Beteiligten abhängigen Handlung oder Unterlassung (Potestativbedingung) bestehen oder vom Verhalten eines Dritten bzw. einem zufälligen Geschehen abhängen. Möglich ist auch eine Kombination der verschiedenen Arten von Ereignissen.
Als Potestativbedingung kommen z. B. die Ausübung eines Options- oder eines Rücktrittsrechts im Rahmen eines bestehenden Rechtsverhältnisses oder die Beschlussfassung über den Jahresabschluss als Voraussetzung für die Entstehung eines gewinnabhängigen Tantiemeanspruchs in Betracht. Ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht wird bewertungsrechtlich wie eine auflösende Bedingung, ein vertraglich vereinbartes Erwerbsrecht oder eine vertraglich vereinbarte Erwerbspflicht wie eine aufschiebende Bedingung behandelt. Um eine Bedingung im Rechtssinn handelt es sich bei einer willensabhängigen Bedingung allerdings nur dann, wenn nicht die Entstehung des Rechtsgeschäfts, sondern nur der Eintritt der mit ihm bezweckten Rechtswirkungen von einer noch ungewissen Entschließung eines Beteiligten abhängt. Ist das Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts selbst noch in das freie Belieben eines Beteiligten gestellt (sog. Wollensbedingung), liegt hingegen noch gar kein bindendes Rechtsgeschäft vor.
Rz. 30
Keine Bedingungen i. S. d. § 158 BGB sind sog. uneigentliche Bedingungen, z. B.:
- die Vergangenheits- oder Gegenwartsbedingung, bei der die Rechtswirkungen von einem objektiv bereits feststehenden und lediglich den Beteiligten selbst unbekannten Ereignis abhängig gemacht werden. Im Steuerrecht kann einer solchen subjektiven Ungewissheit durch eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO R...