Rz. 118
§ 12 Abs. 4 BewG regelt die Bewertung noch nicht fälliger Ansprüche aus Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen. Nicht fällig sind Ansprüche aus Lebensversicherungen, solange die versicherte Person noch nicht verstorben ist, und Ansprüche aus Rentenversicherungen, solange die Rentenzahlung noch nicht aufgenommen worden ist. Anderenfalls sind die Ansprüche nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Dies gilt auch für sog. Termfix-Versicherungen, bei denen die Auszahlung der Versicherungssumme nicht an den Tod der versicherten Person geknüpft ist, sondern zu einem von vornherein festgelegten Zeitpunkt erfolgt.
Demgegenüber ist bei Übertragung einer Leibrentenversicherung (gegen Einmalbetrag) mit Beitragsrückerstattung bei Tod der versicherten Person ein zum Zeitpunkt der Übertragung bereits fälliger Anspruch auf einmalige Kapitalentnahme nicht mit dem Rückkaufswert, sondern gem. § 12 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert zu bewerten. Eine durch den Tod des Erblassers fällig gewordene Versicherungsleistung ist als Kapitalforderung nach § 12 Abs. 1 BewG mit dem Nennwert anzusetzen. Ansprüche aus Rentenversicherungen – z. B. nach dem Tod des Rentenberechtigten für die Dauer der vereinbarten Garantiezeit vereinbarte Zahlungen – sind mit dem Gegenwartswert anzusetzen. Steht die verbleibende Rentenlaufzeit fest, ist dieser nach § 13 Abs. 1 BewG zu ermitteln. Ist die verbleibende Rentenlaufzeit ungewiss, weil sie von der Lebensdauer einer oder mehrerer Personen abhängt, richtet sich die Bewertung nach § 14 BewG.
Praktische Bedeutung hat die Regelung des § 12 Abs. 4 BewG daher bei Erwerben von Todes wegen nur in den Fällen, in denen der Erblasser Versicherungsnehmer, nicht aber zugleich versicherte Person ist, sowie bei lebzeitigen Übertragungen der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag.
Rz. 119
Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen werden nach § 12 Abs. 4 S. 1 BewG mit dem Rückkaufswert bewertet. Die bis zum 31.12.2008 geltende Bewertung mit 2/3 der eingezahlten Prämien oder Kapitalbeiträge ist entfallen, weil sie bei Versicherungen, die zum Bewertungsstichtag bereits längere Zeit liefen, regelmäßig zum Ansatz zu niedriger Werte führte.
Rückkaufswert ist nach § 12 Abs. 4 S. 2 BewG der Betrag, den das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer im Fall der vorzeitigen Aufhebung des Vertragsverhältnisses zu erstatten hat. Dessen Höhe richtet sich nach § 169 VVG. Ein Rückkaufswert entsteht danach nur bei Versicherungen, die Versicherungsschutz für ein Risiko bieten, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist. Diese Voraussetzung ist bei Risikolebensversicherungen, bei denen die Leistungspflicht davon abhängt, dass die versicherte Person vor einem bestimmten Stichtag verstirbt, nicht erfüllt. Nach § 169 Abs. 3 S. 1 VVG ist der Rückkaufswert das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsvertrags jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten 5 Vertragsjahre ergibt. Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 54b VAG bezeichneten Art vorsehen (Leistungen in Abhängigkeit von Aktienindizes oder anderen Bezugsgrößen), ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu errechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert. Nach § 169 Abs. 5 VVG ist der Versicherer bei einer entsprechenden Vereinbarung zu einem angemessenen Abzug von dem nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG ermittelten Rückkaufswert berechtigt. Außerdem ist der Versicherer nach § 169 Abs. 6 VVG berechtigt, den nach § 169 Abs. 3 VVG ermittelten Rückkaufswert – befristet auf ein Jahr – angemessen herabzusetzen, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen auszuschließen.
Rz. 120
Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Beteiligung an dem Überschuss an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) gem. § 153 VVG, die nicht bereits in dem Betrag nach § 169 Abs. 3–6 BewG enthalten sind, sowie der nach den jeweiligen allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehene Schlussüberschussanteil sind nach § 169 Abs. 7 VVG zusätzlich zum Rückkaufswert zu zahlen. Die Bewertung dieser Ansprüche richtet sich nicht nach § 12 Abs. 4 BewG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften für die Bewertung von Kapitalforderungen. Da die Ansprüche noch nicht fällig sind, sind sie nach § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen, soweit es sich nicht um gutgeschriebene laufende Überschussanteile handelt, die nach den Versicherungsbedingungen verzinslich angesammelt werden.