„(2) [1] Eine grenzüberschreitende Steuergestaltung ist jede Gestaltung, ...”
Rz. 31
Weiter Begriff der Steuergestaltung. Der Begriff der Steuergestaltung selbst wird durch die Normengruppe der §§ 138d ff. AO grundsätzlich nicht definiert. Dies korrespondiert mit der Gesetzesbegründung, wonach der Begriff weit zu verstehen ist. Die Gesetzesbegründung erläutert die "Steuergestaltung" aber insoweit, als "unter anderem die Schaffung, die Zuordnung, den Erwerb oder die Übertragung von Einkünften oder deren Quellen auf einen bestehenden Rechtsträger". Ebenso soll darunter – dies nur beispielhaft – "die Gründung oder der Erwerb einer die Einkünfte erzielenden juristischen Person zu verstehen" sein. Das BMF legt ein ähnlich weitgehendes Begriffsverständnis zu Grunde, wenn es von einem bewussten Schaffensprozess durch Transaktionen, Regelungen, Handlungen, Vorgängen, Vereinbarungen, Zusagen, Verpflichtungen oder ähnlichen Ereignissen spricht. Spatschek/Spilker definieren die Steuergestaltung vor diesem Hintergrund treffend als eine "bewusste Veränderung des realen oder rechtlichen Geschehens mit steuerlicher Auswirkung." Es existiert keine (betragsmäßige) Schwelle, unterhalb derer Steuergestaltungen von der Mitteilungspflicht ausgenommen sind.
Rz. 32
Tatbestandliche Voraussetzungen. Nach § 138d Abs. 2 AO ist von einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung auszugehen, wenn drei Kriterien erfüllt sind. Diese Kriterien können z.T. unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Konkret bestimmt die Vorschrift die nachfolgenden, kumulativ zu erfüllenden tatbestandlichen Voraussetzungen einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung:
Fraglich ist, ob diese Voraussetzungen gleichzeitig, d.h. zu einem Zeitpunkt vorliegen müssen, oder ob es bereits ausreicht, wenn diese nacheinander erfüllt sind. Diese Frage wird soweit ersichtlich im Schrifttum bislang kaum diskutiert. Dem Gebot der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung folgend sprechen die besseren Gründe für das Erfordernis einer Gleichzeitigkeit. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die Mitteilungspflicht grundsätzlich zukunftsbezogen ausgestaltet ist, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen ggf. erst zu einem künftigen Zeitpunkt erfüllt sein können.
Rz. 33
Nutzung von gesetzlichen Fristen oder Zeiträumen nicht erfasst. Ausdrücklich keine Steuergestaltung soll nach der Gesetzesbegründung vorliegen, wenn gesetzliche Fristen oder Zeiträume genutzt werden. Beispielhaft wird der Ablauf der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannt. Da es sich hierbei um ein Beispiel handelt, führt die planerische Nutzung anderer Fristen und Zeiträume ebenfalls nicht zum Vorliegen einer Steuergestaltung. Damit sollten u.a. auch nachfolgende Konstellationen nicht dazu führen, dass eine Steuergestaltung vorliegt:
Die Begründung bezieht sich allein auf gesetzlich bestimmte zeitliche Vorgaben. Damit ist unklar, inwieweit die gezielte Nutzung nicht zeitbezogener gesetzlicher Vorgaben dazu führt, dass eine Steuergestaltung vorliegt. Dies betrifft z.B. den gezielten Erwerb von weniger als 50 % an einer Körperschaft, um die Rechtsfolgen des § 8c KStG zu vermeiden. Ebenso ist fraglich, ob bereits die Begründung einer steuerlichen Organschaft der Mitteilungspflicht unterfallen kann. Nach dem Gesetzeszweck bzw. in entsprechender Auslegung der Begründung können solche Fälle jedoch ebenfalls keine Gestaltungen darstellen, die eine Mitteilungspflicht nach sich ziehen. So ist insbesondere kein qualitativer Unterschied zwischen solchen und rein zeitlich angelegten Bestimmungen zu sehen. Denn es handelt sich um "Vorteile", die ausdrücklich gesetzlich bestimmt werden.
Rz. 34
Bewusstes und aktives Handeln erforderlich. Eine grenzüberschreitende Steuergestaltung i.S.d. § 138d Abs. 2 AO setzt immer einen bewussten und aktiven Schaffensprozess voraus. Eine Steuergestaltung kann damit nicht zufällig resultieren. Ebenso kan...