Rz. 129
Kodifizierung des Instituts der Betriebsaufspaltung. Nach § 50 i Abs. 1 Satz 4 gelten die Regelungen der Sätze 1 und 3 sinngemäß, wenn Wirtschaftsgüter vor dem 29.6.2013 Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft geworden sind, die deswegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, weil der Stpfl. sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann (sog. personelle Verflechtung) und dem nutzenden Betrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt (sog. sachliche Verflechtung). Mit dieser Beschreibung der gewerblichen Einkünfte des von § 50 i erfassten Stpfl. werden erstmals die von der Rspr. entwickelten Tatbestandsvoraussetzungen für das Institut der Betriebsaufspaltung gesetzlich verankert. Zur Auslegung von § 50 i Abs. 1 Satz 4 können die allgemeinen Grundsätze zur Betriebsaufspaltung herangezogen werden.
Rz. 130
Sachliche und personelle Verflechtung. Im Grundfall der Betriebsaufspaltung handelt es sich bei dem Besitzunternehmen um ein Einzelunternehmen, eine Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft (dazu s. Anm. 132.1) und bei dem Betriebsunternehmen um eine Kapitalgesellschaft. Die Voraussetzungen für eine sachliche Verflechtung sind erfüllt, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter überlässt, die für die Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind solche Wirtschaftsgüter, denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt und die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind. Hierbei ist nicht entscheidend, ob das Wirtschaftsgut hohe stille Reserven enthält, ersetzbar ist oder eine besondere Güte aufweist. Auch von Dritten an das Besitzunternehmen überlassene Wirtschaftsgüter können wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn die Betriebsgesellschaft ein entsprechendes Nutzungsrecht innehat.
Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter dem Besitz- und Betriebsunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Hiervon ist auszugehen, wenn dieselbe Person oder Personengruppe an beiden Unternehmen mehrheitlich beteiligt ist, so dass die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschenden Personen auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen können. Für die Willensdurchsetzung sind im Wesentlichen die Stimmrechte in der Gesellschaft entscheidend. Sie kann aber dadurch erzeugt sein, dass eine Person oder eine Personengruppe bspw. aufgrund von Geschäftsführungsfunktionen, Stimmrechtsbindungsverträgen und in Ausnahmefällen auch aufgrund anderer faktischer Beherrschungsmomente eine beherrschende Stellung in beiden Unternehmen einnimmt.
Rz. 131
Beginn der Betriebsaufspaltung. Die Betriebsaufspaltung beginnt, sobald die personelle und sachliche Verflechtung gegeben ist. Sind diese Voraussetzungen vor dem 29.6.2013 erfüllt, wird das Besitzunternehmen grundsätzlich vom sachlichen Anwendungsbereich des § 50 i Abs. 1 Satz 4 erfasst. Das Besitzunternehmen erzielt ungeachtet dessen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG, dass es sich bei der ausgeübten Tätigkeit des Besitzunternehmens der Art nach um Vermögensverwaltung handelt (z.B. Vermietung). Der Gewerbebetrieb des Besitzunternehmens umfasst den Ertrag des gesamten Unternehmens, auch wenn nicht alle Gesellschafter der Besitzgesellschaft an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind. Zu den Einkünften i.S. des § 15 EStG zählen auch Ausschüttungen der Betriebsgesellschaft an das Besitzunternehmen. Wenn eine Besitzpersonengesellschaft noch weitere nicht gewerbliche Aktivitäten außerhalb der Betriebsaufspaltung ausübt, werden diese anderen Einkünfte aufgrund der gewerblichen Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit gewerblich i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG infiziert. Eine gewerbliche Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist aber aufgrund der vorliegenden Betriebsaufspaltung ausgeschlossen.
Rz. 132
Einzelunternehmen. Nach gängiger steuerlicher Terminologie wird der Gewerbebetrieb einer natürlichen Person als Einzelunternehmen bezeichnet. Der Einzelunternehmer ist regelmäßig Kaufmann i.S. des § 1 HGB. Ein Einzelunternehmen i.S. des § 50 i Abs. 1 Satz 4 liegt aber ungeachtet einer Kaufmannseigenschaft immer dann vor, wenn die o.g. Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind. Es handelt sich hierbei um einen steuerlichen Begriff, der aus der (Um-)Qualifikation der Vermietungstätigkeit einer natürlichen Person als Gewerbebetrieb folgt. Auf eine handelsrechtliche Kaufmannseigenschaft kommt es damit nicht an.
Rz. 132.1
Grundstücks- und Erbengemeinschaften. § 50 i Abs. 1 Satz 4 spricht ausdrücklich nur Personengesellschaften und Einzel...