Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Werden Einkünfte [...] dadurch gemindert, dass...
a) Rechtsgrundlage und Begriff
Rz. 209
Rechtsgrundlage. Als Rechtsgrundlage für einen Vorteilsausgleich kommt zunächst § 1 in Betracht, der als einzige Einkünftekorrekturvorschrift den Fremdvergleichsgrundsatz ausdrücklich erwähnt und konkretisiert. Allerdings ist in § 1 vom Vorteilsausgleich unmittelbar keine Rede. Der steuerrechtliche Einfluss eines Vorteilsausgleichs auf die Rechtsfolge des § 1 ergibt sich unmittelbar aus dem Veranlassungsprinzip, das durch den Fremdvergleich konkretisiert wird. Die Inkaufnahme eines Nachteils muss durch einen anderweitigen Vorteil veranlasst sein. Die entsprechende Veranlassung setzt voraus, dass sich Vor- und Nachteil annähernd ausgleichen bzw. dass der Vorteil höher als der Nachteil ausfällt. Der Vorteilsausgleich erfordert eine innere Verknüpfung zwischen den betreffenden Geschäftsbeziehungen. Die innere Verknüpfung ergibt sich aus dem Veranlassungsprinzip, in das auch § 1 eingebettet ist. Innerhalb des § 1 ist unter dem Fremdvergleich der Fremdvergleich i.S. von "dealing at arm’s length" zu verstehen. Da ein fremder Dritter betriebswirtschaftlich vernünftig handelt, wenn er einen Vermögensnachteil in Kauf nimmt, um einen anderweitigen (zumindest gleich hohen) Vermögensvorteil zu erzielen, muss sich auch der Steuerpflichtige in der Beurteilung seiner Beziehung zu einer ihm nahestehenden Person auf diesen Grundsatz berufen können. Vor diesem Hintergrund besteht die Rechtsgrundlage des Vorteilsausgleichs unmittelbar im Fremdvergleichsgrundsatz selbst, wie ihn § 1 Abs. 1 Satz 1 definiert und § 1 Abs. 1 Satz 3 mit dem Handeln ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter als Sollvergleichstatbestand konkretisiert. Insofern fehlt es bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Vorteilsausgleichs an einem Abweichen der vertraglich vereinbarten Bedingungen vom Fremdvergleichsgrundsatz, auf die eine Minderung im Inland steuerpflichtiger Einkünfte für eine Einkünftekorrektur nach § 1 zurückgehen muss ("dadurch [...] dass"). Der Vorteilsausgleich muss im Bereich der vGA, der verdeckten Einlage, der Entnahme und des § 1 einheitlich behandelt werden. Der Vorteilsausgleich muss unter zwei unterschiedlichen Aspekten gesehen werden. Er kann zum einen Gegenstand der zwischen verbundenen Unternehmen tatsächlich bestehenden Geschäftsbeziehungen sein. Insoweit stellt sich die Frage, ob der Vorteilsausgleich die Annahme einer Einkünfteminderung für Zwecke von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Minderung des bilanziellen Unterschiedsbetrags für Zwecke einer vGA ausschließt. Daneben kann sich jedoch auch innerhalb eines tatsächlichen oder hypothetischen Fremdvergleichs die Frage stellen, ob entweder tatsächlich existierende oder aber gedachte ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einen bestimmten Vorteilsausgleich akzeptiert hätten.
Rz. 210
Begriff. Grundsätzlich sind konzerninterne Liefer- und Leistungsbeziehungen einzeln nach dem Prinzip des "dealing at arm’s length" zu erfassen und mit einem angemessenen Verrechnungspreis zu bewerten (Grundsatz der Einzelbewertung). Allerdings ist es auch zwischen unabhängigen Dritten bei dauerhaften und umfangreichen Geschäftsbeziehungen durchaus üblich, Vorteile aus einem Einzelgeschäft mit Nachteilen aus einem anderen zu kompensieren. Hierbei wird von einem Vorteilsausgleich gesprochen. Unter einem Vorteilsausgleich versteht man den kalkulatorischen Ausgleich von Vorteilen des einen Geschäfts mit Nachteilen eines anderen, wobei begrifflich zwischen den Geschäften kein personeller, sachlicher oder zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Insoweit knüpft der Vorteilsausgleich an den wechselseitigen Leistungsbeziehungen zwischen zwei Vertragspartnern (hier: zwei Konzernunternehmen) an. Dabei erbringen die beiden Vertragspartner ihre jeweiligen Leistungen gegenüber dem anderen entweder zu einem – isoliert gesehen – unangemessen hohen oder niedrigen Entgelt, wobei sich die unangemessenen Beträge der Höhe nach entweder voll oder teilweise decken. Außerdem ist der Fall denkbar, dass der eine Vertragspartner dem anderen mehrere Leistungen erbringt, von denen er für die eine ein unangemessen hohes und für die andere ein unangemessen niedriges Entgelt fordert. Auch in diesem Fall können sich Vor- und Nachteile aus den Leistungsbeziehungen ganz oder teilweise ausgleichen.
Rz. 211
Kalkulatorischer Ausgleich. Wirtschaftlich betrachtet erfolgt beim Vorteilsausgleich eine Saldierung vorteilhafter mit nachteiligen Geschäften. Es werden bei bestimmten Einzeltransaktionen bewusst Gewinneinbußen in Kauf genommen, um, wie z.B. im Wege eines absatzwirtschaftlichen Verbundes, diese mit besonders gewinnträchtigen Geschäften zu kompensieren (sog. kalkulatorischer Ausgleich). Derartige Konstellationen treten innerhalb eines internationalen Unternehmensverbunds insbesondere im Zusammenhang mit wechselseitigen Leistungsbeziehungen zwischen den verbundenen Unternehmen auf. So kann z.B. die Zahl...