Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
[1] Für eine Betriebsstätte, die Bau- oder Montagearbeiten durchführt und nach Abschluss der Bau- oder Montagearbeiten endet (Bau- und Montagebetriebsstätte), gelten die §§ 1 bis 17, soweit in diesem Abschnitt keine abweichende Regelung getroffen wird. [2] Ein Unternehmen, zu dem eine Bau- und Montagebetriebsstätte gehört, ist ein Bau- und Montageunternehmen.
Rz. 3601
Sonderregelungen der §§ 30–34 BsGaV. Nach § 30 BsGaV sind grundsätzlich die allgemeinen Gewinnabgrenzungsregelungen auch auf eine Bau- und Montagebetriebsstätte anzuwenden. Allerdings ist die Dauer von Bau- und Montagebetriebsstätten von vornherein zeitlich begrenzt. Zudem sind einer Bau- und Montagebetriebsstätte im Regelfall außer der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung zum übrigen Unternehmen keine bzw. nur wenige Geschäftsbeziehungen zuzuordnen (Anm. 3609). Hieraus ergeben sich Besonderheiten hinsichtlich der Einkünfteabgrenzung zwischen der Bau- und Montagebetriebsstätte und dem übrigen Unternehmen. Infolgedessen sieht Abschnitt 4 der BsGaV (§§ 30–34 BsGaV) Sonderreglungen für die Gewinnermittlung von Bau- und Montagebetriebsstätten vor. Wenngleich die Aufnahme von Sonderregelungen sachgerecht ist, ist es in praktischer Hinsicht problematisch, dass im OECD-Betriebsstättenbericht kein gesonderter Teil für die Gewinnabgrenzung bei Bau- und Montagebetriebsstätten vorgesehen ist. Insoweit stellen die Vorschriften der §§ 30–34 BsGaV einen deutschen Sonderweg dar, dessen internationale Akzeptant völlig offen ist. Folgt der andere Staat dem deutschen Ansatz nicht, kommt es damit zu einer internationalen Doppelbesteuerung.
Rz. 3602
Bau- und Montagebetriebsstätte. § 30 BsGaV enthält keine Definition der Bau- und Montagebetriebsstätte. Nach § 30 Satz 1 BsGaV stellt eine Betriebsstätte, die Bau- und Montagearbeiten durchführt und nach Abschluss der Bau- und Montagearbeiten endet, eine Bau- und Montagebetriebsstätte dar. Es handelt sich nicht um eine eigenständige Definition der Bau- und Montagebetriebsstätte. Vielmehr ergibt sich der Begriff der Bau- und Montagebetriebsstätte aus § 12 Satz 2 Nr. 8 AO und – abkommensrechtlich – der jeweiligen Art. 5 Abs. 3 OECD-MA nachgebildeten Abkommensregelung. Übt eine Bau- und Montagebetriebsstätte auch eine andere Geschäftstätigkeit aus, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erledigung eines Bau- und Montagevertrags steht, so ist diese Geschäftstätigkeit nicht der Bau- und Montagebetriebsstätte zuzuordnen. In diesem Fall ist zu prüfen, ob neben der Bau- und Montagebetriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung des Bau- und Montageunternehmens i.S.d. § 12 Satz 1 AO bzw. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA besteht, der die Einkünfte aus dieser anderen Geschäftstätigkeit der Geschäftseinrichtung nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen gemäß §§ 1–17 BsGaV zuzuordnen sind. Im Ergebnis ist die Tätigkeit der Bau- und Montagebetriebstätten stets eigenständig und unabhängig von anderen Geschäftstätigkeiten zu beurteilen. Umgekehrt sind die Sonderregelungen der §§ 30–34 BsGaV nicht auf Betriebsstätten i.S.d. § 12 Satz 1 AO und Art. 5 Abs. 1 OECD-MA anzuwenden.
Rz. 3603
Bau- und Montageunternehmen. Nach § 30 Satz 2 BsGaV ist ein Unternehmen, zu dem eine Bau- und Montagebetriebsstätte gehört, ein Bau- und Montageunternehmen. Dies gilt unabhängig davon, welchen Anteil die Bau- und Montagetätigkeit an der Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausmacht.
Beispiel
Ein inländisches Unternehmen produziert und vertreibt Baumaschinen. Im Jahr 01 betreibt es mit eigenem Personal einmalig eine Bau- und Montagebetriebsstätte in den Niederlanden.
Lösung
Das inländische Unternehmen hat zwar nur einmalig eine Bau- und Montagebetriebsstätte begründet; gleichwohl stellt das inländische Unternehmen für die Gewinnaufteilung zwischen der Bau- und Montagebetriebsstätte und dem übrigen Unternehmen ein Bau- und Montageunternehmen i.S.d. dar.
Rz. 3604
Besonderheiten bei Arbeitsgemeinschaften. Bei einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) handelt es sich um einen Zusammenschluss von wirtschaftlich und rechtlich selbständigen Unternehmen, deren Zielsetzung in der gemeinsamen Bewältigung einer Aufgabe oder der Erfüllung eines Werkvertrags (§§ 631 ff. BGB) bzw. Werklieferungsvertrags (§ 651 BGBG) liegt. Die ARGE-Partner arbeiten auf gemeinsame Rechnung. Das Ergebnis aus der gemeinsamen Erfüllung eines Auftrags wird anhand eines vereinbarten Schlüssels auf die ARGE-Partner aufgeteilt. Der Zusammenschluss von mehreren Bau- und Montageunternehmen in Form der ARGE zur gemeinsamen Ausführung von Bau- und Montageprojekten ist in der Baubranche weit verbreitet. Die ARGE ist im Regelfall – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – eine Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Besteht der Zweck der ARGE allein in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags, sehen § 180 Abs. 4 AO und § 2a GewStG bestimmte Erleichterungen vor. Danach ist weder eine gesondert...