Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
Rz. 41
Die rechtsfähige Stiftung entsteht i. d. R. durch das Stiftungsgeschäft (in Schriftform) und die staatliche Genehmigung des Landes, in dessen Gebiet die Stiftung ihren Sitz haben soll. Wird eine Stiftung allerdings von Todes wegen errichtet, bestimmt § 84 BGB, dass die Stiftung hinsichtlich des durch den Erbfall auf sie übergehenden Vermögens so behandelt wird, als habe sie im Todeszeitpunkt des Stifters bereits bestanden. Damit wird es ihr ermöglicht, nach § 1923 Abs. 1 BGB Erbin des verstorbenen Stifters zu werden. Die Stiftung entsteht in diesem Fall mit der staatlichen Genehmigung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Todesfalls. Da die Stiftung somit – vorausgesetzt, die staatliche Genehmigung wird erteilt – bereits ab dem Todeszeitpunkt zivilrechtlich Eigentümerin des Stiftungsvermögens wird, ist ihr dieses auch ab diesem Zeitpunkt steuerlich zuzurechnen. Daher gilt die Fiktion des rückwirkenden Bestehens auch für das Steuerrecht. Die Stiftung ist daher bei späterer staatlicher Genehmigung ab dem Todestag des Stifters Körperschaftsteuersubjekt. Eine Vorstiftung, entsprechend einer "Vorgesellschaft", ist nach h. M. im Zivil- und Steuerrecht nicht anzuerkennen. Allerdings kann durch entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung die Interimsphase zwischen Stiftungsgeschäft und Errichtung der endgültigen rechtsfähigen Stiftung aufgrund der Anerkennung durch Gründung einer unselbstständigen Stiftung (Rz. 47) überbrückt werden.
Rz. 41a
Formal getrennt ist die Stiftung des privaten Rechts von der Stiftung des öffentlichen Rechts. Materiell-rechtliche Unterschiede sind aber nicht erkennbar. Der Staat hat die Möglichkeit, sich für die Gründung einer rechtsfähigen Stiftung entweder nach privatem oder nach öffentlichem Recht zu entscheiden. Praktische Auswirkungen ergeben sich in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der Einkünfte, insbes. der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen. Derartige Einkünfte werden stets der KSt unterworfen, wenn sie von rechtsfähigen, nicht nach § 5 Abs. 1 KStG befreiten Stiftungen des privaten Rechts erzielt werden, weil diese nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG Körperschaftsteuersubjekt sind. Bei rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts bleiben sie dagegen außer Betracht, weil § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG nur für Stiftungen des privaten, nicht aber für Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt. Öffentlich-rechtliche Stiftungen sind danach und nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG nicht körperschaftsteuerpflichtig. Sie können nur nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG mit einem Betrieb gewerblicher Art steuerpflichtig sein, wodurch aber Einkünfte aus Vermögensverwaltung nicht erfasst werden.
Rz. 42
Im Falle der Gründung von nicht nach § 5 Abs. 1 KStG steuerbefreiten Stiftungen ist zu bedenken, dass ihre Einkünfte dem allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 15 % unterliegen. Die durch das Stiftungsgeschäft vorgeschriebenen Zuwendungen an die Destinatäre (Genuss- bzw. Bezugsberechtigte einer Stiftung) gehören steuerlich zu den nichtabziehbaren Aufwendungen der Stiftung. Lange Zeit war str., ob derartige Zuwendungen neben der Versteuerung durch die Stiftung als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 EStG der Destinatäre zu erfassen sind. Spätestens seit der (klarstellenden) Ergänzung des § 22 Nr. 1 S. 2 EStG durch das Steuerbereinigungsgesetz v. 19.12.1985 tritt eine Doppelbelastung mit Körperschaft- und ESt nicht ein.
Rz. 43
Steuerliche Begünstigungen genießen Stiftungen, die durch Umwandlung an die Stelle von Familienfideikommissen getreten sind. Die Einkünfte werden stattdessen bei den (unbeschränkt stpfl.) bezugsberechtigten Familienmitgliedern besteuert. Anderen Stiftungen stehen die Begünstigungen nicht zu.