Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 59
§ 8b Abs. 6 schließt den steuerlichen Ansatz von ausschüttungsbedingten Gewinnminderungen aus, die zurückzuführen sind auf
Diese Begriffe entsprechen denen in Abs. 1 (vgl. Rz. 18).
Rz. 60
Die Vorschrift kommt nur zur Anwendung, soweit der niedrigere Ansatz für die Beteiligung oder die sonstige Gewinnminderung auf eine Ausschüttung zurückzuführen ist. Aus welchen Quellen der Gewinn stammt, den die Beteiligungsgesellschaft ausgeschüttet hat, ist dagegen ohne Bedeutung; es kann sich auch um Gewinne handeln, die die Beteiligungsgesellschaft ihrerseits von einer Beteiligungsgesellschaft erhalten hat. Ausschüttungen sind offene und verdeckte Gewinnausschüttungen; Gewinnminderungen sind Verluste oder Minderungen des auszuweisenden Gewinns.
Durch den Begriff "soweit" wird eine qualitative und quantitative Kausalität zwischen der Ausschüttung einerseits und der Gewinnminderung andererseits hergestellt, die es gebietet, bei jeder Gewinnminderung nach einer Ausschüttung zu prüfen, inwieweit diese ihre Ursache in der Ausschüttung und inwieweit in anderen Umständen (z. B. Verlusten der ausländischen Beteiligungsgesellschaft) hat. Nach dem Gesetzeswortlaut darf eine Gewinnminderung nur in Höhe des Anteils keine Berücksichtigung finden, der auf Ausschüttungen beruht.
In dieser notwendig werdenden Aufspaltung der Gewinnminderung in einen steuerlich berücksichtigungsfähigen und einen steuerlich nicht berücksichtigungsfähigen Teil liegt ein wesentlicher und die praktische Handhabung erschwerender Unterschied zu § 50c EStG. Nach dieser Vorschrift bleibt eine Gewinnminderung nur dann außer Ansatz, wenn sie ausschließlich auf einer Ausschüttung beruht; es kommt also zu keiner Aufteilung.
Rz. 61
Weiter erschwert wird die Anwendung des Abs. 6 dadurch, dass ihre Folgerungen zeitlich unbefristet zu ziehen sind, anders als nach § 50c EStG, der nur solche ausschüttungsbedingten Gewinnminderungen außer Ansatz lässt, die innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren nach Anschaffung der Anteile eintreten.
Rz. 62
Keine Schwierigkeiten bereitet die Anwendung der Vorschrift, wenn die mit der Beteiligung erworbenen thesaurierten Gewinne und Rücklagen unmittelbar nach der Anschaffung der Beteiligung ausgeschüttet werden, weil in diesen Fällen der qualitative und quantitative Zusammenhang zwischen Ausschüttung und auf ihr beruhendem Wertrückgang der Beteiligung plausibel nachzuvollziehen sind. Im Übrigen ist die Vorschrift kaum praktikabel. Herzig/Hötzel (DB 1988, 2265, 2271) äußern m. E. zu Recht die Auffassung, dass "bezüglich der Tatbestandsbestimmtheit und damit der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift schwerwiegende Bedenken bestehen".
Rz. 63
Die Vorschrift verbietet nicht die Durchführung der Teilwertabschreibung, sondern untersagt lediglich die steuerliche Berücksichtigung der Gewinnminderung. Damit untersagt Abs. 6 nicht den handelsbilanziellen Ausweis der Abschreibung auf den beizulegenden Wert bzw. den Teilwert oder der sonstigen Gewinnminderung. Dieser handelsbilanzielle Ausweis ist nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit auch in die Steuerbilanz zu übernehmen. Eine Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert in der Handelsbilanz bzw. auf den niedrigeren Teilwert in der Steuerbilanz ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auf den Zeitpunkt vorzunehmen, in dem der beizulegende Wert (Teilwert) unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Die dadurch eintretende Minderung des Steuerbilanzgewinns ist in Form einer außerbilanziellen Hinzurechnung bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens auszugleichen.
Rz. 64
Die außerbilanzielle Hinzurechnung hat zur Folge, dass der Zugang zum verwendbaren Eigenkapital der Gliederungsrechnung um den Betrag der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung höher ist als das entsprechende Eigenkapital in der Steuerbilanz; das Vermögen in der Steuerbilanz ist ja um die Gewinnminderung gemindert. Um diesen Unterschied auszugleichen, muss der Hinzurechnungsbetrag als Anpassungsdifferenz negativ in das EK 02 eingestellt werden (vgl. § 30 Rz. 130).
Rz. 65
Abs. 6 bedeutet eine Ausnahme von der generellen steuerlichen Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen und anderen Gewinnminderungen. Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 6 trägt daher die Finanzverwaltung.