Rz. 249
Stiller Gesellschafter ist, wer am Handelsgewerbe eines anderen mit einer Einlage beteiligt ist (§ 230 HGB). Die Einlage ist so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht und muss in bilanzierungsfähigen Vermögenswerten bestehen. Dienstleistungsverpflichtungen allein können mangels Bilanzierungsfähigkeit eine stille Gesellschaft nicht begründen. Von der Einlagepflicht des stillen Gesellschafters ist die Verpflichtung zur gesellschaftszweckdienlichen Beitragsleistung zu trennen. Diese Beitragspflicht – die entgegen der Einlageverpflichtung auch in Dienstleistungen, Know-how, Nutzungsüberlassungen u. ä. bestehen kann – wird durch den Gesellschaftsvertrag konkretisiert.
Die stille Beteiligung kann mit einem Einzelunternehmen, mit einer Personengesellschaft jedweder Art oder auch mit einer juristischen Person wie GmbH oder AG als Unternehmensträger begründet werden. Maßgebend ist, dass der entsprechende Rechtsträger ein Handelsgewerbe betreibt, also die Kaufmannseigenschaft gem. § 1ff. HGB erfüllt. Ausgeschlossen ist eine stille Beteiligung damit bspw. an Freiberufler-Gesellschaften, es sei denn es handelt sich bei diesen Gesellschaften um einen (Handels-)Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 6 HGB).
Rz. 249a
Bei der stillen Gesellschaft selbst handelt es sich zivilrechtlich um eine Gesellschaftsform, die der GbR nahekommt und die zwischen dem "Stillen" (derjenige, der sich am Handelsgewerbe des anderen beteiligt) und dem Inhaber des Handelsgewerbes selbst entsteht. Die Gesellschaft tritt als solche nach außen hin nicht in Erscheinung, sondern ist eine reine Innengesellschaft. Sie erwirbt keine Rechtsfähigkeit. Für ihre zivilrechtliche Charakterisierung ist es auch ohne Bedeutung, ob es sich um eine atypische oder typische stille Gesellschaft handelt.
Ein Gesellschaftsvermögen wird grundsätzlich nicht gebildet, darf vielmehr überhaupt nicht gebildet werden. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Betriebsvermögen des Gesellschafters ein, der das Handelsgewerbe betreibt. Der stille Gesellschafter erhält dafür eine Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens, die aufseiten des Handelsgewerbetreibenden regelmäßig als Fremdkapital auszuweisen ist. Da einerseits eine Verlustbeteiligung beim stillen Gesellschafter ausgeschlossen sein kann (§ 231 Abs. 2 HGB), andererseits ein Darlehensgeber sich eine gewinnabhängige Darlehensvergütung ausbedingen kann (sog. partiarisches Darlehen), kann die Unterscheidung dieser beiden Rechtsformen in der Praxis Schwierigkeiten bereiten; entscheidend ist, ob die Beteiligten partnerschaftlich zum Erreichen eines gemeinsamen Zwecks zusammenwirken wollen, oder ob sie ohne gemeinsame Zweckverfolgung lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen. Sind dem Kapitalgeber Mitwirkungs- oder Kontroll- und Informationsrechte, wie in § 233 HGB vorgesehen, eingeräumt, so spricht dies für eine Verfolgung gemeinsamer Zwecke und somit gegen ein partiarisches Rechtsverhältnis. Eine Beteiligung am Gewinn und/oder den stillen Reserven ist aber unabdingbar für ein Gesellschaftsverhältnis. Fehlt es hieran, scheidet eine stille Gesellschaft aus.
Rz. 250
Wegen dieser Nähe der typischen stillen Gesellschaft zum Darlehensgeber behandelt § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG die Einnahmen aus der typischen stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ist die stille Gesellschaft jedoch dergestalt atypisch, dass der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, so bezieht der (atypische) stille Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Nr. 2 EStG. Zur Unterscheidung Rz. 364ff.
Die stille Gesellschaft wird steuerlich wie eine Innen-KG behandelt; das der stillen Gesellschaft gewidmete Vermögen wird also zu deren "Quasi-Gesamthandsvermögen" (ohne zivilrechtliches Gesamthandsvermögen zu sein; Rz. 249a). Relevant ist dies nur für die atypisch stille Gesellschaft, da nur sie Subjekt der Einkünfteermittlung und -qualifikation ist und sich somit nur für sie ein Gleichbehandlungsbedürfnis mit den übrigen Mitunternehmerschaften ergibt.
Rz. 250a
Besonderheiten bestehen bei stillen Beteiligungen eines Arbeitnehmers am Handelsgewerbe seines Arbeitgebers. Insoweit liegt eine stille Gesellschaft nur vor, wenn die Beteiligung eine eigenständige Erwerbsgrundlage ohne Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis darstellt. Hiervon ist insb. auszugehen, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nicht selbstständige Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt und sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen. Keine stille Beteiligung, sondern (zusätzlicher) Arbeitslohn ist dagegen anzu...