Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigte. Vergütung
Leitsatz (amtlich)
Abschnitt I 3 b des Manteltarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken, der nicht vollzeitbeschäftigtes Reinigungspersonal vom persönlichen Anwendungsbereich dieses Tarifvertrages ausschließt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nichtig.
Normenkette
BeschFG 1985 § 2 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 1, 3; MTV für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken Abschn. I 3b
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 15.01.2001; Aktenzeichen 2 Ca 247/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 15. Januar 2001 – 2 Ca 247/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die teilzeitbeschäftigte Klägerin macht gegenüber der Beklagten die zeitanteilige Vergütung einer Vollzeitkraft geltend.
Die Klägerin ist bei der beklagten Bank als Reinigungskraft mit einer Arbeitszeit von 25 Stunden pro Woche beschäftigt. Der kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit geltende Manteltarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie der genossenschaftlichen Zentralbanken vom 18. April 1979 in der Fassung vom 28. Mai 1997 sieht für Vollzeitkräfte eine Arbeitszeit vom 39 Wochenstunden vor.
Die Klägerin hat eine zeitanteilige. Vergütung nach dem Gehaltstarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken geltend gemacht. Nach diesem Tarifvertrag betrug die Vergütung für eine Vollzeitkraft in der Zeit von August 1999 bis März 2000 monatlich 3.490 DM brutto. Dies hätte zeitanteilig für 25 Stunden einem Vergütungsanspruch von 2.237,18 DM brutto pro Monat entsprochen. Ab April 2000 bis einschließlich Juli 2000 betrug die Vergütung für eine Vollzeitkraft 3.563 DM brutto pro Monat und zeitanteilig für 25 Wochenstunden 2.283,97 DM brutto. Die Beklagte zahlte der Klägerin in dem streitigen Zeitraum von August 1999 bis einschließlich Juli 2000 die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung in Höhe von monatlich 1.620,00 DM brutto. Zugleich berechnete die Beklagte die der Klägerin gezahlte tarifliche Sonderzuwendung anteilig nach dem Monatsentgelt von 1.620 DM brutto. Die Beklagte stützte sich dabei auf die Regelung in § 1 des Manteltarifvertrages. Diese lautet:
„Dieser Tarifvertrag findet keine Anwendung auf:
…
- Arbeitnehmer, die nebenberuflich tätig sind; nebenberuflich ist eine Tätigkeit jedenfalls dann, wenn die vereinbarte Arbeitszeit nicht mehr als ein Drittel der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit beträgt,
- das nicht vollbeschäftigte Reinigungspersonal,
- Aushilfskräfte ohne einschlägige Berufserfahrung mit einer Beschäftigungsdauer bis zu 2 Monaten.”
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, diese tarifvertragliche Regelung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie benachteilige teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gegenüber Vollzeitkräften.
Der Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.160,51 DM brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01. August 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus dem Urteil des Arbeitsgerichts auszuschließen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Klägerin habe lediglich Anspruch auf die ihr gezahlte arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung.
Auf den bezeichneten Tarifvertrag könne sie ihren Vergütungsanspruch nicht stützen. Gemäß § 1 dieses Tarifvertrages falle die Klägerin nicht unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages. Diese Bestimmung sei nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitkräften oder das Willkürverbot unwirksam. Die Regelung eröffne einem Personenkreis eine Beschäftigungschance, der zu Tariflöhnen keine Anstellung erhalten würde. Die Regelung halte sich ferner innerhalb der den Verbänden in Artikel 9 Abs. 3 GG eingeräumten Ermächtigung zur Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Es würde einen unzulässigen Eingriff in das Recht der Koalitionen auf freie koalitionsmäßige Betätigung darstellen, würden die Gerichte die Koalitionen unter Berufung auf Artikel 3 GG zwingen, zusätzliche Personengruppen in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages aufzunehmen.
Ein Verstoß gegen das Willkürverbot sei nicht ersichtlich gewesen. Es habe den Tarifvertragsparteien auch der erforderliche Vorsatz gefehlt. Der Tarifvertrag habe nicht das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitkräften verletzt. Dies folge aus dessen umfänglicher Regelung der Arbeitsbedingungen der überwiegend im Bankgeschäft tätigen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in § 9.
Die Beklagte ist ferner der Meinung gewesen, eine Ungleichbehandlung von in Teilzeit und in Vollzeit beschäftigten Reinigungspersonals sei ihr schon deshal...