Dipl.-Finanzwirt Thomas Rennar, Dr. Dario Arconada Valbuena
Mit seinem Urteil v. 12.1.2023 (Rs. C-395/21) hat der EuGH aufgrund einer Vorlage des Obersten Gerichts in Litauen entschieden, dass eine sog. "Zeithonorar-Klausel" in einem Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Verbraucher nur dann klar und verständlich ist, wenn die Verbraucherseite vor Vertragsabschluss volle Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen hat und die Entscheidung bewusst treffen kann. Falls dies nicht der Fall ist, kann das nationale Gericht die Lage wieder herstellen, in der sich die Verbraucherseite ohne die Klausel befunden hätte, selbst wenn der Rechtsanwalt in diesem Fall keine Vergütung erhält. Die Rechtsprechung des EuGH zur Transparenz von Vertragsklauseln und zur Informationspflicht gegenüber Verbrauchern kann grundsätzlich auch auf Steuerberater übertragen werden. Welche praktischen Folgen sich für die Abrechnungspraxis von Berufsträgern & Co. ergeben, ist nachfolgend zu untersuchen.
Abrechnungspraxis
Für den Bereich der steuerberatenden Tätigkeit gewährleistet die StBVV, dass der Mandant diesen einheitlichen Leistungs- und Qualitätsstandard auch zu vergleichbaren und nachvollziehbaren Preisen erhält. Die StBVV enthält dabei u. a. die Grundgedanken des Verbraucherschutzes und der Qualitätssicherung. Diese beiden Ziele sind nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Kontext anerkannte Schutzgüter. Durch die in der StBVV enthaltenen Gebührenvorgaben, insbesondere zur Angemessenheit, wird sichergestellt, dass keine überhöhten Honorare geltend gemacht werden, welche nicht im Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Die StBVV wird dadurch den unterschiedlichen Interessenlagen des Mandanten und des Berufsträgers gerecht. Die StBVV gibt hierbei einerseits dem Mandanten Sicherheit bezüglich der angemessenen Höhe und Nachvollziehbarkeit der Gebühren und andererseits dem Steuerberater eine Absicherung für die leistungsgerechte Vergütung seiner Tätigkeit.
Vergütungsvereinbarung und Zeithonorar nach der StBVV
Der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung macht praktisch in vielen Fällen Sinn, denn hierüber erhält der Berufsträger bezüglich der Gebührenhöhe entsprechende Rechtssicherheit. Nach § 4 StBVV ist der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung an bestimmte Formvorschriften geknüpft. Insbesondere bedarf es einer entsprechenden Erklärung des Auftraggebers in Textform. Es bedürfen zunächst solche Vergütungsvereinbarungen zu ihrer Wirksamkeit der Textform, die, bezogen auf die jeweilige Angelegenheit, einen die gesetzliche Vergütung übersteigenden Honoraranspruch des Steuerberaters begründen sollen. Zudem bedürfen auch solche Vereinbarungen der (§ 4 Abs. 3 StBVV), welche eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung enthalten. Dies ist jedoch nur in außergerichtlichen Angelegenheiten möglich. Ist die Vereinbarung nicht einseitig vom Mandanten aufgesetzt worden, was wohl selten der Fall sein wird, bedarf es zusätzlich
- der Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise (z. B. Honorarvereinbarung),
- und dass das Schriftstück deutlich von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung abgesetzt ist und nicht in der Vollmacht enthalten sein darf.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass unter dem Kriterium des deutlichen Absetzens das Gebot einer räumlichen Trennung in ihrer Gesamtheit zu sehen ist. Die Vergütungsvereinbarung muss sich somit in ihrer Gesamtwirkung so deutlich von anderen Vereinbarungen abheben, dass sie dem Mandanten die Rechtslage eindeutig vermittelt.
Vergütungsvereinbarung stets gesondert oder mindestens optisch abgehoben darstellen
Daher sollte zur Kenntlichmachung die Vergütungsvereinbarung stets in einem gesonderten Schriftstück und optisch abgehoben von anderen sonstigen Vereinbarungen geschlossen werden.
Weiter ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 StBVV, dass Art und Umfang des Auftrags sowie die Gebührenart/-höhe anzugeben sind und dass die Gebühr weiterhin angemessen sein muss. Bei Vereinbarung einer Zeitgebühr ist letztlich zu beachten, dass auch diese angemessen sein muss.
Nach der Rechtsprechung ist eine unangemessen hohe Vergütung dann gegeben, wenn sich ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung, unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls, als unzumutbar darstellt. Eine Gebühr in doppelter bis zur fünffachen Höhe der gesetzlichen Vergütung ist somit als angemessen eingestuft worden (vgl. u. a. BGH, Urteile v. 3.4.2002, IX ZR 113/02, NJW 2003, S. 2386; v. 21.10.2010, IX ZR 37/10, NJW 2011, S. 63, m. w. N.).
Der Steuerberater hat den Auftraggeber zudem in Textform darauf hinzuweisen, dass eine höhere oder niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden kann (vgl. § 4 Abs. 4 StBVV). Ein Hinweis auf die voraussichtliche gesetzliche Vergütung ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich. Unterschreibt der Mandant eine Vergütungsvereinbarung ohne weitere Nachfragen, kann davon ausgegangen werden, dass er keine offenen Fragen zur Vergütung hat (vgl. hierzu auch den Leitfaden Honorarmanagement der BStBK).
Aktu...