Rz. 384
Abschnitt 6 regelt Pflichten im Zusammenhang mit Meldungen von Sachverhalten. § 43 GwG hat u.a. Meldepflichten von Verpflichteten zum Gegenstand und stellt die zentrale Norm im Gefüge des GwG dar. Nach Abs. 1 hat der Verpflichtete Sachverhalte unabhängig von ihrer Höhe der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden, wenn Tatsachen vorliegen, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte (Nr. 1), ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit der Terrorismusfinanzierung steht (Nr. 2) oder der Vertragspartner seine Pflicht nach § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG, gegenüber dem Verpflichteten offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat (Nr. 3). Gemäß den Auslegungs- und Anwendungshinweisen der BaFin (AuA), hat der Verpflichtete "einen Sachverhalt nach allgemeinen Erfahrungen [...] unter dem Blickwinkel der Ungewöhnlichkeit und Auffälligkeit im jeweiligen geschäftlichen Kontext zu würdigen." Ausweislich der Gesetzesbegründung setzt die Pflicht zur Verdachtsmeldung nicht voraus, dass hinsichtlich des Vorliegens einer Geldwäsche ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegen muss. Die Anforderungen, wann eine Verdachtsmeldung abgegeben werden muss, sind daher sehr gering. Die noch in der Vorauflage an dieser Stelle geäußerte Prognose einer starken Zunahme von Verdachtsmeldungen hat sich – verbunden mit dem Wegfall des Vortatenkatalogs des § 261 StGB – mehr als bewahrheitet: Betrug die Anzahl an Verdachtsmeldungen 2019 noch 114.914, lag sie im Jahr 2021 bei 298.507.
Rz. 385
Verdachtsfälle sind unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden (§ 43 Abs. 1 GwG). Das OLG Frankfurt führt in seinem Beschluss vom 10.4.2018 aus:
"Die Pflichten und Rechte des Geldwäschebeauftragten beschränken sich darauf, die aus der Geschäftsbeziehung entstandenen internen Informationen beizuziehen, aufzubereiten und ggf. mit einer entsprechenden Bewertung den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen."
Rz. 386
Durch die 5. Geldwäscherichtlinie wurde – korrespondierend zu § 6 Abs. 6 GwG – die Meldepflicht von Berufsträgern erweitert. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 GwG a.F. mussten Informationen, die im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erlangt wurden, nicht gemeldet werden. Nunmehr dürfen Berufsgeheimnisträger als Verpflichtete nur dann keine Meldung vornehmen, wenn sie die an sich meldepflichtigen Informationen im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten haben.
"Nicht unter den Begriff Rechtsberatung fallen [...] einfache kaufmännische Hilfstätigkeiten wie die Überwachung der Fälligkeit und der Einzahlung von Patentgebühren [...]. Auch Tätigkeiten der Buchführung fallen nicht unter die Befreiungsregelung nach § 34 Abs. 2 Satz 1 [...] Maßgeblich ist die im Einzelfall konkret erbrachte Tätigkeit, durch die die Informationen erlangt wurden".
Weiß der Verpflichtete allerdings, dass das Mandatsverhältnis nur begründet wurde, um Geldwäsche zu betreiben, greift die vorgenannte Ausnahme nicht (§ 43 Abs. 2 Satz 2 GwG). Mithin wird die Verdachtsmeldepflicht auf eine "Gewissheitsmeldepflicht" beschränkt, was in der Vergangenheit dazu geführt hat, dass von Berufsträgern nur vereinzelt Meldungen erfolgt sind. Zu prüfen ist in einem solchen Fall, ob durch eine Meldung eine Strafbarkeit nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses in Betracht kommt. Wenn sich herausstellt, dass der Geldwäscheverdacht unbegründet war, droht ein Strafverfahren, in dem sich der Berater allenfalls auf mangelnden Vorsatz berufen kann. Lagen hingegen hinreichende Tatsachen vor, welche eine positive Kenntnis begründen, und hat der Berater dennoch keine Meldung erstattet, unterliegt er dem Risiko, wegen leichtfertiger oder eventualvorsätzlicher Geldwäsche (§ 261 StGB) verfolgt zu werden. Meines Erachtens findet in diesen Fällen aber § 48 GwG, wonach Meldende nur bei leichtfertiger oder vorsätzlicher unwahrer Meldung strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können, Anwendung. Die Haftungsfreistellung bezieht nun auch ausdrücklich zivilrechtliche und disziplinarrechtliche Folgen mit ein. Gesehen werden sollte jedoch das Risiko, dass sich dann die Problematik in die Prüfung der leichtfertigen Unwahrheit verlagert. Denn es wird zumindest die (vermeintliche) positive Kenntnis konkludent mitgeteilt, da nur dann die Meldepflicht besteht.
Rz. 387
Eine Meldepflicht nach § 43 Abs. 2 GwG wird ausgelöst, wenn in der Vergangenheit bzw. Gegenwart die Rechtsberatung oder Prozessvertretung zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung genutzt wurde oder wird. Wen...