Rz. 29.1
Zur Sicherung der aus Bauleistungen resultierenden Steueransprüche wird seit 2001 die sog. Bauabzugsteuer gem. §§ 48–48d EStG dadurch erhoben, dass der Leistungsempfänger (s. Rz. 29.3) von der von ihm entrichteten Gegenleistung (s. Rz. 29.4) einen Steuerabzug i.H.v. 15 % vorzunehmen hat (§ 48 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bauleistungen in diesem Sinne sind alle im Inland erbrachten Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 Satz 3 EStG); es muss sich um Tätigkeiten handeln, die unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks einwirken. Die Regelung gilt erstmals für nach dem 31.12.2001 erbrachte Bauleistungen (§ 52 Abs. 56 EStG). Ein Steuerabzug ist ausnahmsweise entbehrlich bei Vorlage einer Freistellungsbescheinigung durch den Leistenden sowie in sog. Kleinvermietungs- und Bagatellfällen (s. Rz. 29.6).
Rz. 29.2
Der Steuerabzug erfolgt für Rechnung des Leistenden. Als Leistender gilt neben dem in- oder ausländischen Leistungserbringer auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben, z.B. ein Generalunternehmer (§ 48 Abs. 1 Satz 4 EStG). Der einbehaltene Abzugsbetrag wird nach den Bestimmungen in § 48c EStG auf die vom Leistenden zu entrichtenden Steuern (Lohnsteuern, Einkommen- oder Körperschaftsteuer, eigene Bauabzugsteuerbeträge des Leistenden) angerechnet (§ 48c Abs. 1 EStG) oder ggf. auf Antrag erstattet (§ 48c Abs. 2 EStG).
Rz. 29.3
Zum Steuerabzug Verpflichteter ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG jeder Leistungsempfänger einer im Inland erbrachten Bauleistung, d.h. regelmäßig der Auftraggeber oder Bauherr, wenn er Unternehmer i.S.d. § 2 UStG oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Die Abzugsverpflichtung trifft auch Kleinunternehmer (§ 19 UStG), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte (§ 24 UStG) und Unternehmer, die selbst lediglich umsatzsteuerfreie Umsätze (Vermietungstätigkeit, § 4 Nr. 12 UStG) ausführen.
Rz. 29.4
Die Gegenleistung ist das vom Leistungsempfänger zu erbringenden Entgelt zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer (§ 48 Abs. 3 EStG), jedoch abzgl. in Anspruch genommener Skonti. Bereits eine Abschlagszahlung an den leistenden Unternehmer ist eine Gegenleistung in diesem Sinne. Bei einer Aufrechnung oder einem Tausch bilden der Betrag bzw. der Gegenstandswert die Bemessungsgrundlage für die Bauabzugsteuer.
Rz. 29.5
Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EStG muss kein Steuerabzug vorgenommen werden, wenn dem Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorliegt. Diese Bescheinigung wird dem Leistenden auf Antrag und zeitlich begrenzt ausgestellt, wenn die zu sichernden Steueransprüche nicht gefährdet erscheinen bzw. nicht bestehen (vgl. § 48b Abs. 2 EStG) und – nur bei im Ausland ansässigen Leistenden – ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist (§ 48b Abs. 1 Satz 1 EStG). Die zu sichernden Steueransprüche ergeben sich aus § 48c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 EStG. Hierzu zählt also etwa die Lohnsteuer und Vorauszahlungen auf Einkommen-/Körperschaftsteuer, nicht aber die Umsatzsteuer. Wann eine Gefährdung der Steueransprüche in Betracht kommt, ist in § 48b Abs. 1 Satz 2 EStG beispielhaft aufgeführt. Daneben können nachhaltig bestehende bzw. hohe Steuerrückstände oder wiederholte unkorrekte Angaben in Steuererklärungen die Annahme einer Gefährdung und damit die Versagung einer Freistellungsbescheinigung begründen.
Die Vorschriften zur Freistellung nach § 48b EStG finden entsprechende Anwendung auf Fälle, in denen dem Steuerabzug nach § 48 EStG unterliegende Einkünfte nach einem DBA im Inland nicht besteuert werden können (§ 48d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG). Ohne eine entsprechende Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde bleibt die Pflicht zum Einbehalt der Bauabzugsteuer bestehen (§ 48d Abs. 1 Satz 1 EStG).
Rz. 29.6
Eine Abzugsverpflichtung scheidet auch aus, soweit der Empfänger der Leistung nicht mehr als zwei Wohnungen vermietet und die Bauleistungen damit im Zusammenhang stehen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Darüber hinaus greift die Abzugsverpflichtung nicht, wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr folgende Grenzbeträge nicht übersteigt:
Bei der Ermittlung dieses Betrages sind alle für den Leistungsempfänger im Kalenderjahr erbrachten oder voraussichtlich zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen (§ 48 Abs. 2 Satz 2 EStG). Der Leistungsempfänger muss damit eine Prognoseentscheidung treffen. Ergibt sich danach, dass die vom Leistenden erbrachten Bauleistungen voraussichtlich die Freigrenzen überschreiten, greift die Abzugspflicht bereits bei der ersten Gegenleistung, auch wenn dieser (Teil-)Betrag noch ...