Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Ergänzender Hinweis: Nr. 35 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 35).
Schrifttum:
S. zunächst das Schrifttum vor § 392 Rz. 391; vgl. ferner: Beyer, Rechtsweg bei Akteneinsicht, AO-StB 2012, 141; Bruschke, Das Recht auf Akteneinsicht in steuerlichen Verfahren, AO-StB 2014, 373; Dorrien, "Preisgabe" des Informanten: Elemente der Inquisition im Steuerstrafverfahren?, wistra 2013, 374; Kassebohm, Das Ende des Papierzeitalters – Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen vom 12.7.2017, StraFo 2017, 393; Lampe, Akteneinsicht im Steuerstrafverfahren, PStR 2019, 179; Müller, Der Bruch des Steuergeheimnisses, § 355 StGB, AO-StB 2014, 21; Müller-Jacobsen/Peters, Schwarzmalerei in Steuerstrafakten, wistra 2009, 458; Tormöhlen, Steuerstrafrechtliche Verwertungsverbote, AO-StB 2012, 380.
Rz. 157
Das Recht zur Akteneinsicht steht grds. nur dem Verteidiger des Beschuldigten zu (§ 147 Abs. 1 und 3 StPO). Dies bezieht sich auch auf Aufzeichnungen von audiovisuellen Zeugenvernehmungen (vgl. § 58a Abs. 2 StPO i.V.m. § 147 StPO i.d.F. durch Gesetz vom 10.12.2019).
Zum Einsichtsrecht in TKÜ-Aufzeichnungen s. Rz. 426.
Das Einsichtsrecht schließt auch die Identität steuerlicher Hinweisgeber ein, die grundsätzlich als Zeugen im Strafverfahren zu behandeln sind (str., s. § 392 Rz. 412 m.w.N.).
Rz. 157.1
Auch dem nicht verteidigten Beschuldigten kann nach Maßgabe des § 147 Abs. 4 StPO i.d.F. durch Gesetz vom 5.7.2017 Akteneinsicht erteilt werden (Nr. 35 Abs. 7 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 35). Die näheren Einzelheiten hierzu s. § 392 Rz. 391 ff.
Rz. 157.2
Die Akteneinsicht an Nichtverfahrensbeteiligte regeln §§ 474 ff. StPO.
Waren die Bewilligung und die danach erfolgte Akteneinsicht an verfahrensunbeteiligte Dritte unzulässig, kann die Maßnahme nicht mehr rückgängig gemacht werden und dauert die dadurch herbeigeführte, grundrechtsrelevante Rechtsbeeinträchtigung fort, steht dem davon betroffenen Angeklagten, zumal wenn er zuvor nicht angehört wurde, zu seiner Rehabilitierung aus Art. 19 Abs. 4 GG ein Anspruch auf (nachträgliche) Feststellung der Rechtswidrigkeit zu. Das OLG Rostock hat sich in der Frage, ob eine Akteneinsicht für Dritte nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO oder unter denen des § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO in Betracht kommt, für die Anwendung der strengeren Regelung in § 30 Abs. 2 AO entschieden.
Rz. 158
Die Verweigerung der Akteneinsicht kann im Wege der Beschwerde gem. § 304 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StPO (bei gerichtlicher Ablehnung) bzw. – zumindest teilweise – gem. § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO (bei Ablehnung durch den BuStra/StA) angefochten werde (s. § 392 Rz. 446 ff.).
Rz. 158.1
Einsicht in elektronische Akten wird durch Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf oder bei Papierform zur Einsicht in den Diensträumen oder Bereitstellen zum Abruf oder einer Kopie zur Mitnahme gewährt (§ 32f Abs. 1 und 2 StPO i.d.F. des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017). Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht nach den Abs. 1 und 2 (z.B. durch Aushändigung von Kopien von Audiodateien mit Aufzeichnungen abgehörter Telefongespräche zur Mitnahme an die Verteidiger) sind – auch für die StA – unanfechtbar. § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO a.F. gilt insoweit seit dem 1.1.2018 nicht mehr.