Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß im Arbeitsverhältnis. Auskunftsanspruch des Arbeitgebers bei Abwerbung anderer Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Eine treuwidrige Abwerbung im Sinn eines Verstoßes gegen die Treuepflicht bei noch bestehendem Arbeitsverhältnis liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf seine Arbeitskollegen nachhaltig dahingehend einzuwirken versucht, zu kündigen und einen Arbeitsplatz zukünftig bei ihm oder bei einem anderen Arbeitgeber anzunehmen. Dies gilt auch während des Kündigungszeitraums des abwerbenden Mitarbeiters und einer in diesem Zusammenhang ausgesprochenen Freistellung. Keine Treuepflichtverletzung stellen hingegen Gespräche unter Arbeitskollegen über einen beabsichtigten Stellenwechsel dar, und zwar selbst dann nicht, wenn die Vorzüge des neuen Arbeitgebers besonders hervorgehoben werden.
Normenkette
HGB § 60
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Teilurteil vom 10.05.2001; Aktenzeichen 17 Ca 10426/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil-urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10.05.2001 – 17 Ca 10426/00 – teilweise dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Arbeitnehmern der Klägerin sie in dem Zeitraum zwischen August und 31.12.2000 Gespräche führte, in deren Verlauf sie den Arbeitnehmern der Klägerin eine neue Tätigkeit bei der Firma E. GmbH angeboten und/oder Arbeitnehmer der Klägerin zur Kündigung ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses veranlasst hat.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kostenentscheidung der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts unter Berücksichtung dieser Entscheidung vorbehalten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird gemäß § 540 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt. Stattdessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug weiter über Auskunftsansprüche der Klägerin aus beendetem Arbeitsverhältnis.
Die Klägerin wendet gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 10.05.2001, mit dem das Auskunftsbegehren der Klägerin abgewiesen wurde, im Wesentlichen ein, das Arbeitsgericht habe die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 2. Alt. HGB verkannt, wenn es das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten verneint habe. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei jede Handlung des Arbeitnehmers, die die Interessen seines derzeitigen Arbeitgebers gefährde, als Pflichtverletzung zu bewerten und mit dem Schadensersatzanspruch aus § 61 Abs. 1 HGB zu sanktionieren.
In § 10 des Gebietsleitervertrags sei auch entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ein vertragliches Wettbewerbsverbot enthalten, da diese Vorschrift konstituiere, dass der Mitarbeiter alles zu unterlassen habe, was einen Mitarbeiter der Gesellschaft dazu veranlassen könnte, die Gesellschaft zu verlassen oder in sonstiger Weise die Gesellschaft zu schädigen.
Die Beklagte sei als Arbeitnehmerin der Klägerin Handlungsgehilfin im Sinne des § 60 Abs. 1 HGB gewesen. Sie habe Abwerbungsversuche während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unternommen, indem sie bei privater Gelegenheit Mitarbeiter auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin und auf Begründung eines solchen mit der in Gründung befindlichen emk Personal und Service GmbH angesprochen habe. Ein Geschäft eines Handlungsgehilfen könne bereits dann in den Geschäftszweig des Prinzipals gemäß § 60 Abs. 1 2. Alt. HGB fallen, wenn es die Interessen des Arbeitgebers gefährde. Die Abwerbung von Mitarbeitern laufe den Interessen der Klägerin zuwider, durch eine solche Handlung ergäben sich für die Klägerin erhebliche Nachteile, da sie dann neue Mitarbeiter suchen und einarbeiten müsse, somit zusätzliche Kosten durch Anzeigen usw. anfielen. Die neu gegründete Gesellschaft habe demgegenüber geringere Startschwierigkeiten, wenn sie bereits von der Klägerin eingearbeitete Mitarbeiter übernehme. Dem Auskunftsbegehren stehe auch nicht entgegen, dass der unstreitige Abwerbungsversuch der Beklagten bezüglich Frau A. nicht erfolgreich gewesen sei.
Zwar dürfe derjenige, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein eigenes Handelsgewerbe gründe, schon während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gewisse Vorbereitungen hierfür treffen, aber dazu gehöre nicht eine gezielte Abwerbung von Arbeitnehmern, insbesondere nicht durch ausdrückliche Aufforderung zum Arbeitsplatzwechsel.
Es sei auch anerkannt, dass derjenige, der einem anderen gegenüber aus Vertrag oder Gesetz verpflichtet sei, Wettbewerb zu unterlassen, diesem Auskunft schulde, sobald er ihm zu der Vermutung Anlass gegeben habe, er habe seine diesbezüglichen Vertragspflichten verletzt. Nach den im Einzelnen nicht bestrittenen Darstellunge...