Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist
Leitsatz (redaktionell)
§ 16 Abs. 1 BauRTV ist nicht auf Ansprüche des Insolvenzverwalters aus§ 143 Abs. 1 InsO anwendbar. Dies sind weder „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis”, noch solche, die mit dem Arbeitsverhältnis „in Verbindung stehen”. Bei dem Rückgewähranspruch, der auf einer Insolvenzanfechtung beruht, geht es nicht um einen vertraglichen oder quasivertraglichen Anspruch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Es handelt sich um einen eigenständigen, vom Rechtsgrund des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängigen Anspruch, um ein gesetzliches Rückgewähr-Schuldverhältnis, das seine Wurzel allein im Insolvenzverfahren hat.
Normenkette
InsO § 143 Abs. 1; BRTV-Bau § 16
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 27.02.2002; Aktenzeichen 3 Ca 2047/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am27.02.2002 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Neuruppin – 3 Ca 2047/01 – abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.798,49 EUR zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung des Rückkaufwertes einer Lebensversicherung an die Klägerin.
Der Beklagte war bei der Gemeinschuldnerin seit 1993 beschäftigt. Diese hat im gleichen Jahr für den Beklagten eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall als Direktversicherung mit einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht abgeschlossen. Danach blieb der Gemeinschuldnerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles grundsätzlich das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen. Ohne Erwerb einer unverfallbaren Anwartschaft nach dem BetrAVG war die Gemeinschuldnerin nicht verpflichtet, dem Beklagten die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers zu überlassen.
Am 31. März 1999 endete das Arbeitsverhältnis des Beklagten bei der Gemeinschuldnerin. Am 6. April 1999 hat diese die Rechte aus der Versicherung auf den Beklagten übertragen. Am 16. April 1999 stellte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Insolvenzantrag. Im Juni 1999 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eingesetzt.
Mit Schreiben vom 5. August 1999 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Versicherung zurückzuübertragen. Der lehnte dies mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.8.1999 ab. Der Beklagte hat zwischenzeitlich den Versicherungsvertrag gekündigt und von der Versicherung 7.429,20 DM, d.h. die Klagesumme, erhalten.
Mit einem am 30. September 2000 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat die Klägerin Prozesskostenhilfe für den vorliegenden Rechtsstreit beantragt. Das Amtsgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Arbeitsgericht verwiesen. Dieses hat die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Der hat die Bindung des Arbeitsgerichts an den Verweisungsbeschluss für das Prozesskostenhilfeverfahren festgestellt. Mit Beschluss vom 30. August 2001 hat das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe gewährt. Die Klage ging am 10. September 2001 beim Arbeitsgericht ein.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.798,49 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat seinen Abweisungsantrag u.a. damit begründet, der Anspruch könne nicht mehr verfolgt werden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, der Anspruch sei nach § 16 RTV-Bau verfallen. Bei der Rückübertragung der Versicherung auf den Beklagten habe es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis gehandelt. Die Klägerin habe daher beide Stufen der Ausschlussfrist und jedenfalls die Frist des § 146 InsO versäumt. Im übrigen seien die Gläubiger der Gemeinschuldnerin durch die Rückübertragung nicht benachteiligt worden, ein Anfechtungsgrund nach der InsO nicht gegeben, da es sich nicht um eine unentgeltliche Verfügung gehandelt habe.
Gegen dieses der Klägerin am 12.April 2002 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 14. Juni 2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und begründet. Mit einem am Montag, dem 13. Mai 2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hatte sie Prozesskostenhilfe beantragt, welche ihr mit Beschluss vom 10. Juni 2002 gewährt worden war.
Die Klägerin hält die Übertragung der Versicherung auf den Kläger für anfechtbar, weil eine inkongruente Deckung vorliege. Bei dem geltend gemachten Anspruch handele es sich nicht um einen aus dem Arbeitsverhältnis, so dass tarifliche Ausschlussfristen nicht eingreifen sollen. Verjährung nach den Vorschriften der InsO sei nicht eingetreten, weil sie durch Einreichen des Prozesskostenhilfeantrags gehemmt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die Berufung der Klägerin das am 27.2.2002 verkündet...