Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zulässig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Freistellungsrecht des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

Wird die einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung auf finanzielle Gründe gestützt, kann die erforderliche Dringlichkeit nur zur Abwehr einer sonst eintretenden wirtschaftlichen Notlage bejaht werden.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 2 S. 1, § 209 Abs. 2 Nr. 3; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 08.07.2005; Aktenzeichen 1 Ga 15/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 08.07.2005 – 1 Ga 15/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin hält die von dem Beklagten angeordnete Freistellung für unwirksam und möchte im Wege einer einstweiligen Verfügung die unveränderte Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiterin erreichen.

Die heute 52-jährige Klägerin, die verheiratet ist, war seit dem 01.03.1986 bei der Firma M2xxxxxxxxxxx T1xxxxxxx GmbH & Co. KG als Sachbearbeiterin im Verkaufsinnendienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden tätig. Über das Vermögen der genannten Firma wurde am 01.06.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte hat die Klägerin ab 01.06.2005 freigestellt und sie aufgefordert, sich beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos zu melden, weil sie im Rahmen der Gleichwohlgewährung gemäß § 143 Abs. 3 SGB III Anspruch auf Arbeitslosengeld habe.

Die Klägerin ist mit der Freistellung nicht einverstanden, weil sie auf ihre laufenden Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis in voller Höhe angewiesen sei. Bei der Auswahl der freizustellenden Arbeitnehmer habe der Beklagte soziale Gesichtspunkte missachtet, so dass seine Entscheidung als willkürlich erscheine. So werde die wesentlich jüngere und kürzer beschäftigte Kollegin A2xx K2xxxxxx, die mit dem gleichen Tätigkeitsfeld wie sie betraut sei, weiterbeschäftigt.

Der Beklagte hat geltend gemacht, eine ausreichende Beschäftigung für sämtliche Mitarbeiter sei nicht vorhanden gewesen. Deshalb habe er bei Insolvenzeröffnung insgesamt 62 der 185 Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin von der Arbeitsleistung freigestellt. Von den 17 in der Auftragsbearbeitung tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe er insgesamt acht Mitarbeiter freigestellt. Der Mitarbeiter G1xxxxx sei aufgrund Eigenkündigung ausgeschieden. Zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes sei er gezwungen gewesen, sich nicht nur an den Sozialdaten der Mitarbeiter zu orientieren, sondern auch deren Kernkompetenzen besonders zu berücksichtigen. Dies habe dazu geführt, dass sowohl ältere und langjährig beschäftigte Arbeitnehmer freigestellt worden seien wie auch jüngere Arbeitnehmer mit kürzerer Betriebszugehörigkeit. Für die Klägerin bedeute die Freistellung keine unbillige finanzielle Härte, weil ihr Ehemann eine Rente beziehe und sie selbst über Arbeitslosengeld verfüge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 08.07.2005 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei bereits fraglich, ob die Klägerin einen Verfügungsanspruch habe, denn der Insolvenzverwalter sei grundsätzlich berechtigt, auch in bestehenden Arbeitsverhältnissen Arbeitnehmer freizustellen. Ob der Beklagte bei Ausübung dieses Rechts die Grenze des billigen Ermessens überschritten habe, bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Es fehle nämlich an der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Dringlichkeit. Die von der Klägerin angeführten finanziellen Gründe reichten dafür nicht aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung will die Klägerin eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne ihres Weiterbeschäftigungsantrags erreichen. Sie verweist dazu auf die Einkommensverhältnisse der Eheleute. Unter Zugrundelegung des ihr gewährten Arbeitslosengeldes und der Rente ihres Ehemannes ergäbe sich durch die Freistellung eine monatliche Nettodifferenz in Höhe von 811,00 EUR. Um den gemeinsamen monatlichen Verbindlichkeiten und Kosten nachzukommen, benötigten die Eheleute ein monatliches Einkommen von 2.666,76 EUR. Infolge der Freistellung sei das gemeinsame monatliche Nettoeinkommen auf 2.043,00 EUR herabgesunken. Sie vertritt die Auffassung, dass diese monatliche wirtschaftliche Unterdeckung ein ausreichender Grund für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung sei. Sie sei nach Aufgabengebiet und Beschäftigung mit der Mitarbeiterin A2xx K2xxxxxx vergleichbar, die 1964 geboren sei und der Insolvenzschuldnerin erst seit 1993 angehöre. An welchen Kernkompetenzen sich der Beklagte bei seiner Auswahlentscheidung orientiert habe, bleibe dunkel.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Beklagten

aufzugeben, die Verfügungsklägerin als Sachbearbeiterin zu den bisherig...

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