Kündigung wegen mutmaßlicher Hammerskins-Mitgliedschaft
An eine Kündigung wegen außerdienstlichem Verhalten von Beschäftigten sowie an eine Druckkündigung stellt die Rechtsprechung regelmäßig hohe Ansprüche. Dies zeigt auch der vorliegende Fall, in dem das LAG Hamm deutlich machte, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung nicht vorlagen. Der Vorwurf der Mitgliedschaft bei einer neonazistischen Vereinigung reiche dafür mit Blick auf die konkreten Arbeitsaufgaben des Mitarbeiters und aufgrund fehlender Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis nicht aus. Auch die vom Arbeitgeber angeführte Drucksituation durch die Belegschaft hielt der gerichtlichen Prüfung nicht stand. Weiterbeschäftigen muss die Stadt Bochum den Mitarbeiter dennoch nicht.
Kündigung wegen Mitgliedschaft in Neonazi-Vereinigung
Der Arbeitnehmer war seit 2005 bei der Stadt Bochum beschäftigt und als technischer Sachbearbeiter im Bereich Park- und Grünanlagen eingesetzt. Mitte August 2021 kündigte die Stadt ihm fristlos, hilfsweise ordentlich zu Ende März 2022. Als Kündigungsgrund nannte sie die mutmaßliche Mitgliedschaft des Mitarbeiters bei den "Hammerskins", sowie den damit verbundenen Druck der Belegschaft, ihm zu kündigen.
Die international agierenden Vereinigung Hammerskins, Division Deutschland, Chapter Westfalen wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie gilt als konspirative und rassistische, ihrem Gedankengut nach teils neonazistische Kaderorganisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung. Der Arbeitnehmer äußerte sich nicht zu seiner Mitgliedschaft, sein Arbeitsverhältnis verlief ansonsten störungsfrei.
Bloße Hammerskins-Mitgliedschaft rechtfertigt Kündigung noch nicht
Das Arbeitsgericht Bochum erklärte die fristlose, wie auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wurde also durch die Kündigungen zunächst nicht beendet. Auf Antrag der Stadt Bochum wurde es jedoch gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 30.000 Euro durch ein gerichtliches Auflösungsurteil beendet.
Dies ist möglich, wenn Gründe vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen. Das LAG Hamm hat sich mit seinem Urteil der Vorinstanz angeschlossen. Die bloße Mitgliedschaft des städtischen Mitarbeiters bei den Hammerskins sei für eine Kündigung nicht ausreichend, ließ das Gericht erkennen. Anhaltspunkte hierfür waren insbesondere die konkreten Arbeitsaufgaben des Mitarbeiters sowie fehlende Äußerungen oder sonstige Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.
Druck durch Belegschaft rechtfertigt Kündigung nicht
Auch nach Auffassung des LAG Hamm war die Drucksituation in der Belegschaft im konkreten Fall noch nicht so stark, dass sie eine Kündigung rechtfertigen konnte. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für die Stadt Bochum dennoch unzumutbar, stellte das Gericht fest und schloss sich auch damit der Auffassung der Vorinstanz an. Als Grund hierfür nannte es das Verhalten des Angestellten. Dieser hatte dem Arbeitgeber, der Stadt Bochum, Betrug vorgeworfen.
Keine weitere Zusammenarbeit möglich
Als es in Gesprächen um die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsauflösung statt einer Kündigung ging, hatte der Mitarbeiter der Stadt vorgeworfen, mit ihren Vorschlägen über zeitlich befristete Ausgleichszahlungen einen Betrug zu Lasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben. Dies war sachlich ungerechtfertigt und hatte laut Gericht keinen erkennbaren Bezug zu einer zulässigen Verteidigung gegen die Kündigungen. Eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit sei danach nicht mehr zu erwarten.
Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 6. Dezember 2022, Az: 17 Sa 139/22; Vorinstanz: Arbeitsgericht Bochum, Urteil vom 1. Dezember 2021, Az: 3 Ca 997/21
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