Leitsatz (amtlich)

Ein Abweichen von der Regelvergütung ist sowohl nach oben als auch nach unten zulässig. § 13 Abs. 2 InsVV i.V.m. §§ 2, 3 InsVV steht dem nicht entgegen.

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach (Beschluss vom 05.06.2003; Aktenzeichen 20 K 73/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 05.06.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 7. November 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn … eröffnet und Herr Rechtsanwalt … zum Treuhänder bestellt. Unter dem 22. Mai 2003 beantragte der Treuhänder, das Insolvenzverfahren aufzuheben und seine Vergütung auf 3.604,12 EUR zuzüglich Auslagen in Höhe von 901,03 EUR, beide Beträge zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, insgesamt auf 5.225,97 EUR festzusetzen und ihm die Entnahme aus der Masse zu gestatten. Zur Begründung verwies der Treuhänder darauf, dass eine Erhöhung des Regelsatzes auf 25 % gerechtfertigt sei, da insgesamt 51 angemeldete Gläubigerforderungen zu prüfen gewesen seien. Darüber hinaus habe aufgrund des Alters der angemeldeten Hauptforderungen in vielen Fällen auch die Verjährung angemeldeter Zinsansprüche überprüft werden müssen.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 05.06.2003 hat das Amtsgericht Mönchengladbach die zu zahlende Vergütung auf insgesamt 3.135,58 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es bei der Vergütung von 15 % der Insolvenzmasse verbleibe. Eine Erhöhung der Vergütung auf 25 %, wie sie der Treuhänder beantragt habe, komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht. § 13 InsVV schließe in Absatz 2 die Anwendung der §§ 2 und 3 InsVV ausdrücklich aus. Zuschläge seien aus diesem Grunde nicht möglich.

Gegen diesen Beschluss hat der Treuhänder zunächst mit Schriftsatz vom 23. Juni 2003 fristwahrend Beschwerde eingelegt, über die nunmehr zu entscheiden ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 64 Abs. 3 InsO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

(1)

Nach §§ 313, 63 InsO hat der Treuhänder Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftstätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Die Vergütung beträgt gemäß § 13 Abs. 1 InsVV in der Regel 15 % der Insolvenzmasse, mindestens aber 250,00 EUR. Unstreitig ist, dass sich die Bestimmung der Masse nach §§ 10, 11 InsVV richtet und hier einen Wert von 14.416,49 EUR hat.

(2)

Die Vergütung des Treuhänders kann nach der gesetzlichen Regelung sowohl erhöht, als auch ermäßigt werden.

Die Kammer vertritt die Auffassung, dass § 13 Abs. 1 InsVV dahingehend auszulegen ist, dass ein Abweichen von der Regelvergütung sowohl nach oben als auch nach unten zulässig ist. Dies entspricht der Auffassung der veröffentlichten Rechtsprechung (LG Mainz, ZVI 2003, 613; LG Koblenz, NZI 2004, 42; AG Göttingen, ZVI 2003, 373; LG Hanau, ZVI 2004, 63; LG Karlsruhe, ZVI 2003, 236; OLG Schleswig, ZVI 2002, 428; OLG Köln, ZinsO 2000, 118; so auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 13 InsVV Rn. 12). Die vom Amtsgericht und von Eickmann (RWS-Kommentar zum Vergütungsrecht, 2. Auflage, § 13 InsVV Rn. 5) vertretene, abweichende Auffassung widerspricht Sinn und Zweck der Vergütungsvorschriften. §§ 313, 63 Abs. 1 Satz 3 InsVV zeigen, dass die Vergütung des Treuhänders einzelfallbezogen ist. Dem Umfang und den Schwierigkeiten der Geschäftsführung des Treuhänders ist durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung zu tragen. In diesem Sinne bestimmt § 13 Abs. 1 InsVV, dass nur im Regelfall die Vergütung 15 % der Insolvenzmasse beträgt. Dies bedeutet, dass bei einer Geschäftsführung, die vom Regelfall (erheblich) abweicht, eine Erhöhung oder Ermäßigung der Vergütung vorzunehmen ist.

Dieser Auslegung steht auch nicht § 13 Abs. 2 InsVV entgegen. Soweit dort bestimmt ist, dass §§ 2 und 3 InsVV keine Anwendung finden, bedeutet dies nicht, dass ein Abweichen von der Regelvergütung nach oben nicht möglich ist. Der Ausschluss von § 2 InsVV bedeutet nur, dass keine Staffelung der Vergütungshöhe an Hand des Betrages der Insolvenzmasse vornehmen ist. Unabhängig von dem Umfang der Insolvenzmasse beträgt die Vergütung 15 % der Masse, wenn ein Regelfall vorliegt. Die versagte Anwendung des § 3 InsVV bedeutet nach Auffassung der Kammer nur, dass die dort genannten Regelbeispiele für eine Erhöhung bzw. Ermäßigung der Regelvergütung des Insolvenzverwalters nicht auf die Tätigkeit des Treuhänders anzuwenden sind. Die Tätigkeiten des Insolvenzverwalter bzw. des Treuhänders sind so verschieden, dass eine Anwendung des § 3 InsVV auf den Treuhänders nicht sachgerecht wäre. Vielmehr sind speziell auf die Tätigkeit des Treuhänders entwickelte Regelbeispiele von Rechtsprechung und Literatur zu erarbeiten, bei denen eine Erhöhung der Regelvergütung in Betracht kommt.

(3)

Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Im Hinblick auf die Festsetzung der Vergütungshöhe besteht ein Beurteilungsspielraum. Dem Amt...

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