Rn. 33c
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Für die steuerliche Zurechnung von Verlustanteilen ist zunächst danach zu fragen, wer diese zivilrechtlich zu tragen hat, wenn vertraglich nichts Abweichendes geregelt ist:
Eine unmittelbare Verlustteilhabe des Nießbrauchers oder die Verpflichtung, Verluste der Gesellschaft durch Nachzahlungen oder Zuschüsse auszugleichen, besteht nicht, denn das den Nießbrauch kennzeichnende Fruchtziehungsrecht (§ 1030 Abs 1 BGB iVm § 1069 Abs 2 BGB) beschränkt sich auf den gesellschaftsrechtlich entnahmefähigen Ertrag; eine Verlustteilnahme des Nießbrauchers schließt das Fruchtziehungsrecht – nach der zivilrechtlichen Grundregel – begrifflich aus: BFH v 03.12.2015, BFH/NV 2016, 742, Rz 37; Wälzholz, DStR 2010, 1930, 1933 mwN. Nach hA sind daher Verlustanteile im zivilrechtlichen Regelfall – wenn nichts Abweichendes vereinbart ist, s Rn 33d – steuerlich nur dem Nießbrauchbesteller, vorbehaltlich dessen Mitunternehmerstellung, zuzurechnen: BFH v 03.12.2015, aaO, Rz 42 S 1; BFH v 01.03.1994, BStBl II 1995, 241 zu III.3.c.aa.aaa.letzter Satz; Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 311, 41. Aufl; Bode in Brandis/Heuermann, § 15 EStG Rz 368, 161. Erg-Lfg; Wälzholz, aaO; Schulze zur Wiesche, BB 2004, 355, 358; Schön, StbJb 1996/97, 45, 72 mwN; Petzoldt, DStR 1992, 1171, 1176, Fn 66 mwN.
Soweit – wie beim Kommanditanteil – eine Verpflichtung zur Wiederauffüllung von durch lfd Betriebsverluste geminderten Kapitalkonten des Nießbrauchbestellers (bzw dessen Verlustvortragskontos, s § 15a Rn 6 (Bitz)) durch nachfolgende Gewinne besteht, nimmt der Nießbraucher allerdings mittelbar an Verlusten des Gesellschafters teil, weil insofern der Gewinn für den Nießbraucher nicht entnahmefähig ist. Dass der Nießbraucher in Höhe der Verluste künftige entnahmefähige Gewinnanteile verliert, führt jedoch nicht zu einer (unmittelbaren) steuerlichen Verlustzurechnung: BFH v 03.12.2015, aaO, Rz 42, Satz 3; aA Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 311, 41. Aufl. Das Urteil des BFH ist mE zutreffend, weil ein Nießbraucher eben nicht mit dem Gesellschafter vergleichbar ist, zB stille Reserven ihm spiegelbildlich nicht zuzurechnen sind. Das bedeutet mit Bezug auf die Ausführungen in s Rn 33a, dass steuerliche Gewinne, soweit sie zur Wiederauffüllung der Einlage verwendet werden, allein dem Gesellschafter/Nießbrauchbesteller zuzurechnen sind. Denn anderenfalls würde insbesondere dem Kommanditisten eine Haftung nach § 172 Abs 4 HGB für entsprechende Entnahmen drohen (darauf weist Wälzholz, DStR 2010, 1930, 1933 zu Recht hin). Dies gilt lt Wälzholz, aaO, analog auch, wenn der Nießbrauch zu einem Zeitpunkt bestellt wird, in dem das Kapitalkonto des Gesellschafters negativ ist. Abweichende Vereinbarungen sind jedoch möglich, was für den Gesellschafter allerdings zu einer Haftung nach § 171 Abs 4 HGB wegen Rückzahlung der Einlage führen würde.
Die Gewinnzurechnung beim Nießbraucher erfolgt idR erst wieder, wenn das Verlustvortragskonto des Nießbrauchsbestellers ausgeglichen ist. Daher findet im zivilrechtlichen Regelfall für den Nießbraucher § 15a EStG keine Anwendung, sondern nur für den Gesellschafter, dem steuerlich auch alle Verluste zuzurechnen sind (so mE zu Recht schon Wälzholz, DStR 2010, 1930, 1933).