Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1000
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Der Leasingvertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein atypischer Mietvertrag, in dem der Leasinggeber ("Vermieter") eine bestimmte Sache oder Sachgesamtheit dem Leasingnehmer ("Mieter") für eine bestimmte Grundmietzeit gegen Entgelt überlässt. Verbunden mit diesem Vertrag sind häufig entweder Mietverlängerungsoptionen oder Kaufoptionen für den Leasingnehmer oder Andienungsrechte für den Leasinggeber. Für Zwecke der Bilanzierung u/o Besteuerung ist es dabei unerheblich, welche der zivilistisch vorgetragenen Lehrmeinung man folgt (atypischer Mietvertrag oder überhaupt Vertrag sui generis s Palandt/Putzo, BGB-Kommentar, Einführung vor § 535 Rz 27).
IRd Bilanzierung und Besteuerung interessieren vorwiegend Leasingverträge über Investitionsgüter. Daneben haben aber auch Leasingverhältnisse für Konsumgüter eine nennenswerte ökonomische Bedeutung. In beiden Fällen stellt die Finanzierungsfunktion den eigentlichen ökonomischen Gehalt des Leasingverhältnisses dar. Die Eignung eines Mietvertrages (atypischer Art) als Finanzierungsinstrument rührt daher, dass in wirtschaftlicher Sicht die Mietraten über die Nutzungsdauer eines WG hinweg mindestens die Gestehungs- und Finanzierungskosten des Vermieters für dieses WG decken müssen, wenn ein Verlust vermieden werden soll.
Die Finanzierungsfunktion steht denn auch im Mittelpunkt der verkaufspolitischen Argumentation der einschlägigen Branche. Die Bilanz des Leasingnehmers soll nach deren Argumenten "entlastet" werden, dh das Erreichen bestimmter Bilanzrelationen eher gewährleisten als die herkömmliche Finanzierung. Als Vorteile der Leasingfinanzierung werden auch die Erhaltung von Liquidität und Kreditspielraum genannt. Außerdem sollen nach den verkaufspolitischen Argumenten der Leasingbranche durch die Leasingfinanzierung gegenüber der herkömmlichen Steuervorteile beim Leasingnehmer entstehen. Allg gültige Aussagen hierzu sind jedoch nicht möglich. Es bedarf im Einzelfall zur Bestimmung der Vorteilhaftigkeit oder Nachteiligkeit der Leasing- gegenüber der herkömmlichen Finanzierung einer detaillierten Berechnung.
Rn. 1001
Stand: EL 134 – ET: 02/2019
Zu unterscheiden ist der Leasingvertrag vom Mietkauf (s Rn 1025). Bei diesem erhält der Mieter zusätzlich eine Kaufoption, die ihn zum Erwerb des Vermietungsgegenstandes unter Anrechnung von geleisteten Mietzahlungen berechtigt. Mitunter wird auch ein verdeckter Ratenkauf als Mietkauf bezeichnet (s Rn 444).
In der Praxis wird von Mietkauf dann gesprochen, wenn die bilanzielle Zurechnung – anders als beim (eigentlichen) Leasing – beim Mieter/Käufer erfolgte bzw erfolgen soll. Diese bilanzielle Behandlung trifft zu, denn der Käufer hat regelmäßig ein wirtschaftliches Interesse an der Ausübung der für ihn günstigen Kaufoption (s Rn 69). So auch BFH BStBl II 1971, 133; 1992, 182.