Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 182u
Stand: EL 163 – ET: 02/2023
Der Ansatz eines besonderen, ausschließlich steuerlich existenten "Aufwandsverteilungspostens", der als "steuerlicher Bilanzposten eigener Art" bedenkenlos neben die zulässigen Bilanzierungseinheiten WG und RAP gestellt wird, ist ein "bilanzrechtlicher Kunstgriff" (Prinz in Prinz/Kanzler Handbuch Bilanzsteuerrecht, Rz 4980 (4. Aufl 2021)), um dem objektiven Nettoprinzip gleichheitskonform zur Anwendung zu verhelfen. Für die Verteilung für nachfolgende Wj geleisteten Aufwands, der nicht zur Aktivierung eines WG führt, steht handels- wie steuerrechtlich das Instrument des aktiven RAP zur Verfügung. § 5 Abs 5 Nr 1 EStG wird als Rechtsgrundlage gleichwohl durch die Rspr explizit abgelehnt (BFH v 25.02.2010, IV R 27/07, BStBl II 2010, 670, Rz 20). Während der III. Senat des BFH eine aktive Abgrenzung der getragenen Baukosten unter dem Aspekt der Entgeltlichkeit der Nutzungsmöglichkeit (Einräumung Nutzungsrecht gegen Verzicht auf den Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 951 BGB) und Auflösung über die (voraussichtliche) Nutzungszeit bejahte (BFH v 20.05.1988, II R 151/86, BStBl II 1989, 269), wird diese Wertung durch die Beschlüsse des GrS des BFH (BFH v 30.01.1995, GrS 4/92, BStBl II 1995, 281; BFH v 23.08.1999, GrS 1/97, BStBl II 1999, 778) als überholt angesehen (BFH v 25.02.2010, IV R 27/07, BStBl II 2010, 670, Rz 20). Es bestehe keine sachliche Rechtfertigung dafür, die Gebäude-HK abweichend von den sonst geltenden Grundsätzen nur deshalb über den Ansatz eines aktiven RAP auf die (gegenüber der Nutzungsdauer des Gebäudes kürzeren) Dauer des Nutzungsverhältnisses zu verteilen, weil sie zugleich Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks (nebst Gebäude) sind (BFH v 25.02.2010, IV R 27/07, BStBl II 2010, 670, Rz 20). Ob die Nutzungsüberlassung Teil eines Leistungs-/Gegenleistungsverhältnisses ist, sei irrelevant, steuerlich einzig entscheidend sei, dass die Aufwendungen im eigenbetrieblichen Interesse getragen wurden.
Die Rspr hat hier eine Gelegenheit zur Fortentwicklung des aktiven RAP ungenutzt gelassen. Die Lösung über einen aktiven RAP mit Hinweis auf eine ungerechtfertigte, da "zu schnelle" Aufwandswirksamkeit der gesamten Gebäude-AK/HK zu verwerfen, ist mE deutlich zu vorschnell. Aktiv abzugrenzen sind Ausgaben vor dem Bilanzstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit danach sind (§ 250 Abs 1 HGB, § 5 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG). Die entscheidende Frage bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist, inwieweit die Ausgaben zur Errichtung des Gebäudes auf die vereinbarte Nutzungsdauer entfallende Aufwendungen sind. Die einen aktiven RAP ablehnende Rspr geht (ohne dies weiter zu problematisieren) mE unzutreffend von 100 % der Aufwendungen aus.
Trägt ein StPfl die AK/HK eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden, unterschreitet die vereinbarte Dauer des Nutzungsverhältnisses gleichwohl die Nutzungsdauer des Gebäudes, stellen die Ausgaben vor dem Bilanzstichtag keinen auf die Dauer des Nutzungsverhältnisses entfallenden Aufwand dar, insoweit die vereinbarte Nutzungsdauer die Gebäude-Nutzungsdauer nicht erreicht. In diesem Umfang liegt schon keine betriebliche Veranlassung der Ausgaben vor, sondern eine private. Die Voraussetzungen für eine aktive Rechnungsabgrenzung liegen insoweit nicht vor. Eine aktive Rechnungsabgrenzung der Ausgaben ist nur im Verhältnis der vereinbarten Nutzungsdauer des Gebäudes zu dessen Gesamt-Nutzungsdauer möglich. Das Tatbestandsmerkmal "soweit" ist hier in quantitativem Sinne zu verstehen. Entspräche die vereinbarte Nutzungsdauer der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes, läge im Übrigen bereits wirtschaftliches Eigentum des Bauenden vor (s Rn 182f).
Nach st Rspr muss eine Aufteilung einheitlicher Ausgaben durch Schätzung erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Bildung eines RAP nur für einen Teil der Ausgaben erfüllt sind (BFH v 24.03.1982, IV R 96/78, BStBl II 1982, 643; BFH v 03.05.1983, VIII R 100/81, BStBl II 1983, 572; BFH v 19.10.1993, VIII R 87/91, BStBl II 1994, 109; BFH v 14.10.1999, IV R 12/99, BStBl II 2000, 25; Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rz 688 (Mai 2022)). Der GrS des BFH sollte in einem geeigneten Fall nochmals mit der Frage der Bilanzierung von Bauten auf fremdem Grund und Boden befasst werden (vgl auch Fischer, Juris-PR 2017, Anm 2).
Beispiel:
Vater V bebaut das seiner Tochter T gehörende Grundstück mit einem Gebäude (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 50 Jahre). V trägt die gesamten HK (1 Mio EUR). V und T vereinbaren, dass V das Gebäude ohne (weiteres) Entgelt
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auf Lebenszeit, mindestens aber für 50 Jahre betrieblich nutzen kann (übertragbares Recht); |
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(lediglich) für die Dauer von 10 Jahren für seinen Betrieb zu nutzen berechtigt ist und die Nutzungsberechtigung sodann entschädigungslos an T zurückfällt. |
Lösung:
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Da die Nutzungsberechtigung des V die gesamte Nutzungsdauer des Gebäudes umfasst, er T also dauerhaft von der Einwirkung auf das WG ausschließen kann, wird er dessen wirtschaftlicher Ei... |