Rn. 4
Stand: EL 111 – ET: 08/2015
Anzuwenden ist die Vorschrift des § 56 EStG nur auf StPfl, die
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am 31.12.1990 einen Wohnsitz (vgl § 8 AO) o ihren gewöhnlichen Aufenthalt (vgl § 9 AO) in dem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet sowie |
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im Jahr 1990 weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im bis dahin maßgebenden Geltungsbereich des EStG hatten. |
Unter dem in Art 3 des Einigungsvertrages v 31.08.1990 genannten Gebiet ist das sog Beitrittsgebiet zu verstehen. Darunter fallen die neuen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Berlin-Ost, dh das gesamte Gebiet der ehemaligen DDR.
Betroffen von der Regelung in § 56 EStG sind demnach sämtliche Bewohner der ehemaligen DDR, die am 31.12.1990 ihren Wohnsitz o gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten u zudem während des Kj 1990 keinen Wohnsitz o gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern besaßen. Die Anwendung des § 56 EStG setzt das Vorliegen beider Merkmale voraus.
Rn. 5
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Dementsprechend scheidet die Anwendung des § 56 EStG aus, wenn im Jahr 1990 ein Wohnsitz o gewöhnlicher Aufenthalt in den alten Bundesländern zu bejahen war. Aus demselben Grund kommt § 56 EStG nicht in Betracht, wenn im Laufe des Jahres 1990 Bürger der ehemaligen DDR in die alten Bundesländer o Bürger der alten in die neuen Bundesländer übersiedelt sind. Keine Anwendung findet § 56 EStG ferner auf in den alten Bundesländern belegene Gebäude.
Rn. 6
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Für StPfl aus den alten Bundesländern war durch das WWSUG v 25.06.1990 (BGBl II 1990, 518) iVm dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- u Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland u der Deutschen Demokratischen Republik v 18.05.1990 (WWSUVtr, BGBl II 1990, 537) bereits 1990 die Möglichkeit geschaffen worden, für in der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) belegene Gebäude die erhöhte (degressive) AfA gem § 7 Abs 5 EStG geltend zu machen. Dies war dadurch umgesetzt worden, dass in § 7 Abs 5 EStG mit Wirkung ab 01.07.1990 ein S 4 eingefügt wurde, der § 7 Abs 5 S 1-3 EStG für entsprechend anwendbar erklärte. Ferner wurde aufgrund des § 4 DDR-IG vom 26.06.1990 (BGBl I 1990, 1143) mit Wirkung ab 29.06.1990 ein neuer Abs 6 in § 2a EStG eingefügt, der den Abzug von aus dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin (Ost) bezogenen negativen Einkünften aus VuV v Gesamtbetrag der Einkünfte zuließ.
Sowohl § 7 Abs 5 S 4 EStG aF als auch § 2a Abs 6 EStG aF wurden zwar durch das EinigungsvertragsG v 23.09.1990 iVm Art 8 Anl I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn II Nr 16 Buchst d u b des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland u der Deutschen Demokratischen Republik v 31.08.1990 (BGBl II 1990, 889) mit Wirkung ab 29.09.1990 wieder aufgehoben. Sofern die Voraussetzungen für den Abzug erhöhter AfA nach § 7 Abs 5 EStG für im Beitrittsgebiet belegene Gebäude aber bereits im Jahr 1990 erfüllt waren bzw an sich erfüllt gewesen wären – zB durch Herstellung o Anschaffung der Gebäude im Jahr 1990 – konnten StPfl aus den alten Bundesländern diese im Rahmen ihrer Einkünfte jedenfalls ab dem Jahr 1991 in Abzug bringen (vgl Vfg der OFD Münster v 05.05.1993, DB 1993, 1162). Zudem war ab dem Jahr 1991 iRd Einkünfteermittlung ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften möglich (Beule, DB 1991, 134).
Rn. 7
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StPfl aus dem Beitrittsgebiet (ehemalige DDR-Bürger) blieben diese Möglichkeiten trotz des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 03.10.1990 (Art 1 Einigungsvertrag) verwehrt. Gem § 56 EStG bzw § 56 Nr 1 EStG aF konnten sie die erhöhte AfA gem § 7 Abs 5 EStG nur für nach dem 31.12.1990 in den neuen Bundesländern angeschaffte o herstellte Gebäude geltend machen, nicht jedoch für davor angeschaffte o hergestellte. Dies entspricht einer auch in Art 8 Anl I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn II Nr 14 Abs 1 S 2 des Einigungsvertrages v 31.08.1990 (BGBl II 1990, 889) zum Ausdruck gelangten Grundentscheidung des Gesetzgebers, das Recht der Bundesrepublik Deutschland im Beitrittsgebiet im Bereich der Besitz- u Verkehrssteuern erst ab 01.01.1991 in Kraft treten zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte für ehemalige DDR-Bürger weiterhin das DDR-Steuerrecht Anwendung finden (vgl BMF v 10.07.1991, BStBl I 1991, 739 Rz 1), das im Bereich der Einkünfte aus VuV eine degressive AfA nicht vorsah. Außerdem ergibt sich daraus, dass diesen StPfl hinsichtlich der in den Jahren 1990 u früher im Beitrittsgebiet angeschafften o hergestellten Gebäude auch in den Jahren ab 1991 weiterhin nur die Geltendmachung der linearen AfA (§ 7 Abs 4 EStG) zur Verfügung stand.
Rn. 8
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Diese unterschiedliche Behandlung der StPfl in Form zweierlei Rechts trotz staatlicher Einheit seit dem 03.10.1990 war v Gesetzgeber gewollt. Mit Rücksicht auf die durch das WWSUG v 25.06.1990 iVm dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- u Sozialunion zwischen der Bunde...