Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung für Gutscheine zur Verrechnung mit Entgelten aus zukünftigen Einkäufen
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG.
- Die Bildung einer Rückstellung setzt voraus, dass ein Schuldner ernsthaft mit der Inanspruchnahme aus einer Verbindlichkeit rechnen muss und die Geltendmachung der Verpflichtung nach Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist.
- Gutscheine zur Verrechnung mit Entgelten aus zukünftigen Einkäufen führen weder zu Verbindlichkeiten noch zu Rückstellungen im Ausgabejahr.
Normenkette
HGB § 249
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Steuerbescheid, der im Anschluss an Feststellungen einer Außenprüfung ergangen ist; streitig ist die bilanzielle Bildung einer Rückstellung für Bonusgutscheine.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Unternehmen, dessen Gegenstand der Handel mit Textilien und Waren aller Art ist. Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom xx.xx 2000 gegründet. Am Stammkapital der Klägerin i.H.v. 25.000 € sind beteiligt A mit einem Geschäftsanteil von 12.500 EUR (entspricht 50 v.H.), B mit einem Geschäftsanteil von 12.400 EUR (entspricht 49,6 v.H.) sowie C mit einem Geschäftsanteil von 100 EUR (entspricht 0,4 v.H.). Als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer war im Streitjahr und ist aktuell A bestellt. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetztes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) unter Berücksichtigung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres vom 1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres.
Die Klägerin gab ab dem Kalenderjahr 2002 im Rahmen eines Kundenbindungsprogrammes halbjährlich Bonusgutscheine im Zusammenhang mit der Vergabe von Kundenkarten aus. Die Ermittlung des jeweiligen Gutscheinbetrags basierte auf dem Halbjahreseinkaufsumsatz des jeweiligen Kunden. Die Gutscheinbeträge waren in diesem Zusammenhang mit einer Rabatt-Staffelung von 3 – 7 v.H. verknüpft. Die Gutscheine wurden halbjährlich mit Werbeinformationen per Post an die Kunden versandt und konnten gegen Vorlage bei den nächsten Einkäufen eingelöst werden. Nach dem Inhalt der seit 2003 – 2009 ausgegebenen Gutscheine war eine Barauszahlung der Beträge nicht möglich. Wegen der Inhalte der von der Klägerin ausgegebenen Bonusgutscheine wird auf die in Kopie zu den Akten des Beklagten gelangten Gutscheinexemplare Bezug genommen (Bl. 179 – 181 der Betriebsprüfungsarbeitsakt zu Außendienst-Nr.: 911-09/11).
Die Klägerin reichte die Körperschaftsteuererklärung für 2009 am xx.xx 2010 beim Beklagten ein. In dieser hatte sie einen Jahresüberschuss erklärt, zu dessen Ermittlung sie in der Bilanz zum 30. Juni 2009 eine Rückstellung für Bonusgutscheine i.H.v. 354.000 EUR angesetzt hatte. Diesen Betrag hatte die Klägerin mit Hilfe eines Warenwirtschaftsprogrammes wie folgt ermittelt:
Offene Bonusgutscheine per 30. Juni 2009
Gutscheine erstellt bis 2005, somit verjährt |
173.712,31 EUR |
Gutscheine erstellt ab 2006 |
496.375,35 EUR |
netto |
417.122,14 EUR |
Pauschaler Abschlag von 15 v.H. für nicht |
|
in Anspruch genommene Gutscheine |
62.568,32 EUR |
Differenz |
354.553,82 EUR |
Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der Rückstellung zum 30. Juni 2009 wird Bezug genommen auf die zu den Akten des Beklagten gelangte Aufstellung der Klägerin (Bl. 175 der Betriebsprüfungsarbeitsakte).
Der Beklagte folgte zunächst den Angaben der Klägerin in der Steuererklärung und erließ am xx.xx 2010 einen Bescheid für 2009 über Körperschaftsteuer. Der Bescheid erging unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
In der Zeit vom 31. März 2011 bis 8. Juni 2011 führte das Finanzamt D bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2006 bis 2009 umfasste. Im Rahmen dieser Außenprüfung überprüfte der mit der Prüfung beauftragte Betriebsprüfer unter anderem den bilanziellen Ansatz der Rückstellung für Bonusgutscheine. Er gelangte zu der Ansicht, dass der Ansatz der Rückstellung mangels rechtlicher Entstehung und wirtschaftlicher Verursachung vor dem Bilanzstichtag nicht zulässig sei. Er nahm insoweit Bezug auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. August 2009 (9 K 547/05, juris), welches zu Dienstleistungsgutscheinen eines Friseursalons ergangen war.
Wegen der Einzelheiten der Feststellung wird auf Tz. 16 des Berichts über die Außenprüfung vom 10. Oktober 2011 Bezug genommen (Bl. 56 ff. der Berichtsakte; Bl. 418 ff. der Betriebsprüfungsarbeitsakte).
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am xx.xx 2011 einen geänderten Bescheid für 2009 über Körperschaftsteuer; die Bescheidänderung stützte der Beklage auf § 164 Abs. 2 der AO.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Sie wandte sich gegen die Nichtberücksic...