Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung als Bevollmächtigte bzw. als Beistand
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Nichtigkeit eines VA nach § 125 AO.
- Ein besonders schwerwiegender Fehler, der zur Nichtigkeit eines VA führt, ist nur zu bejahen, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den ergangenen VA als verbindlich anzuerkennen.
- Für Verstöße gegen Unionsrecht ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.
- Eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO wirkt nur für das jeweilige Verfahren und nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt. Eine Zurückweisung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren eines Mandanten ist rechtswidrig.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage der Nichtigkeit bzw. Rechtmäßigkeit eines Zurückweisungsbescheides, durch den der Beklagte die Kläger gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Bevollmächtigte bzw. als Beistand der A & Co. Limited zurückgewiesen hat.
Die Klägerin wurde am 15. Juni 2005 als Kapitalgesellschaft britischen Rechts (private limited company by shares) mit Sitz in Großbritannien gegründet. Sie unterhält Niederlassungen in B/Niederlande sowie in C/Belgien. Als Geschäftsführungsorgane („director”) handeln für sie D und der in E/Bundesrepublik Deutschland wohnhafte F.
D gehörte und gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Sie war seit 1984 Mitarbeiterin bei F und ist inzwischen Mitgesellschafterin und Direktorin der Klägerin. Die Bestellung von F als Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland ist im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; der Widerruf ist seit 2002 rechtskräftig.
Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin ist u. a. die Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen. Aus veröffentlichten Gerichtsentscheidungen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 2011 II R 6/10, BFHE, 474; FG Köln-Urteile vom 2. Februar 2012 11 K 4481/08, EFG 2012, 2262, 11 K 4478/08, in Juris, 11 K 4479/08, in Juris, 11 K 4480/08 in Juris ) sowie zahlreicher beim erkennenden Senat geführter Verfahren (u. a. sieben in der Sitzung vom 24. Oktober 2013 und vier in der Sitzung am 15. Mai 2014 entschiedene Verfahren), die alle die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte zum Gegenstand hatten, ist dem Senat bekannt, dass die Klägerin im Inland zahlreiche Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten berät und als deren Bevollmächtigte auftritt. Nach Auskunft der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf u.a. vom 13. Mai 2014 und vom 29. Mai 2013 sind weder die Klägerin noch F und D vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen. Die Klage der Klägerin gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG wies das FG Düsseldorf mit rechtskräftigem Urteil vom 10. April 2013 (Az. 2 K 4114/11) ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen (Az. II B 91/13) blieb erfolglos.
Die Klägerin reichte als Bevollmächtigte der A & Co. Limited am 3. Dezember 2015 beim Beklagten den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der A & Co. Limited nebst weitergehender Unterlagen und einer Vollmacht ein. Durch Bescheid vom 14. Dezember 2015 wies der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO und unter Angabe des Betreffs „Zurückweisung [...] in sämtlichen anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren” „als Bevollmächtigte und Beistand in den Steuersachen ihrer Auftraggeberin, der A & Co. Limited, mit Wirkung für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der A & Co. Limited im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts G zurück”. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin sei nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Zurückweisungsbescheid Bezug genommen.
Mit Schreiben vom selbigen Tag wies der Beklagte die A & Co. Limited auf die Zurückweisung der Klägerin hin.
Gegen den Zurückweisungsbescheid legte die Klägerin am 12. Januar 2016 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Zurückweisung in der vom Beklagten gewählten pauschalen Form sei unwirksam. Im Übrigen nahm die Klägerin Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 17. Dezember 2015 in der Rechtssache
C-342/14.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg; der Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 11. März 2016 als unbegründet zurück. Im Rahmen der Begründung blieb der Beklagte bei seiner Ansicht, die Klägerin sei nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 17. Dezember 2015 (C-342/14). Die Hauptniederlassung der Klägerin befinde sich nicht in den Niederlanden, sondern in E/Deutschland. Von einer ausschließ...