Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung als Bevollmächtigte
Leitsatz (redaktionell)
- Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.
- Die Zurückverweisung wirkt nur für das jeweilige Verfahren und auch nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt. Das gebietet die systematische Stellung des § 80 Abs. 5 AO im 3. Abschnitt der AO „Allgemeine Verfahrensvorschriften”.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5
Streitjahr(e)
2007, 2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob und in welchem Umfang der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Klägerin nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) zurückweisen durfte.
Die Klägerin wurde am 15. Juli 2005 als Kapitalgesellschaft britischen Rechts (Private Limited Company – Limited –) mit Sitz in Birmingham/Großbritannien gegründet. Sie unterhält Niederlassungen in Belgien sowie in den Niederlanden. Gesellschafter sind mit Anteilen von jeweils 100 GBP die in Deutschland ansässige S und der in Belgien ansässige T. Die Klägerin handelt durch den zum Geschäftsführer (Direktor) berufenen Gesellschafter T. Herr T wurde bis zum 26. August 2002 im Berufsregister der Steuerberaterkammer Köln als Steuerberater geführt. Seine Bestellung wurde im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen; die dagegen eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und das Rechnungswesen. Über eine Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft gemäß §§ 32 Abs. 3, 49 ff. Steuerberatungsgesetz (StBerG) verfügt die Klägerin nicht. Tatsächlich berät sie mehrere im Inland ansässige Mandanten in steuerlicher Hinsicht und tritt für diese in steuerlichen Verwaltungsverfahren auf.
Unter anderem wurde die Klägerin für die Z Ltd. tätig: Nachdem die Z Ltd. zunächst keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben hatte, erließ das FA am 11. August 2008 Bescheide über die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Juni 2007 bis Juni 2008, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhten. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin für die Z Ltd. mit Schreiben vom 22. August 2008 Sprungklage, der das FA nicht zustimmte und die demzufolge als Einspruch fortgeführt wurde. Gleichzeitig stellte die Klägerin für die Z Ltd. einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide Juni 2007 bis Juni 2008. Zur Begründung fügte sie Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das 3. und 4. Quartal 2007, das 1. Quartal 2008 und für die Monate April bis Juli 2008 bei. Mit Schreiben vom 9. September 2008 teilte das FA der Z Ltd. mit, dass sich die Einsprüche gegen die Voranmeldungen April bis Juni 2008 durch die Verarbeitungen der Voranmeldungen erledigt hätten. In der Folge erhob die Klägerin für die Z Ltd. am 24. September 2008 Untätigkeitsklage wegen der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide Juni 2007 bis Juni 2008 und beantragte beim FA erneut die AdV. Daraufhin setzte das FA am 8. Oktober 2008 die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Juni 2007 bis März 2008 in voller Höhe aus und entsprach damit insoweit dem Antrag der Klägerin.
Darüber hinaus wies das FA die Klägerin als Bevollmächtigte der Z Ltd. mit Verfügung vom 20. November 2008 gem. § 80 Abs. 5 AO zurück. Als Bezug nannte das FA den Antrag auf AdV, den die Klägerin für die Z Ltd. am 22. August 2008 beim FA gestellt hatte. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass die Klägerin insoweit geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leiste, ohne hierzu befugt zu sein. Abschließend wies das FA in der Verfügung darauf hin, dass alle Verfahrenshandlungen, die die Klägerin trotz dieser Zurückweisung künftig für ihren Auftraggeber vornehme, ohne steuerliche Wirkung bleiben würden.
Gegen diese Zurückweisung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 15. Dezember 2008 bei Gericht eingegangenen Sprungklage, der das FA mit Schreiben vom 5. Januar 2009 zugestimmt hat. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Zurückweisung rechtswidrig sei, da sie zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Zunächst habe sie sich am 15. April 2008 bei der Steuerberaterkammer D als zuständige Stelle angemeldet, auch wenn es dieser Meldung im konkreten Fall nicht bedürfe, da keine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung i.S.d. § 3a StBerG gegeben sei. Dies folge bereits daraus, dass eine Dienstleistung nur dann grenzüberschreitend sei, wenn der Dienstleister zur Leistungserbringung selbst die Grenze übertrete. Maßgeblich sei allein der „physische Grenzübertritt” bzw. Ortswechsel des Dienstleisters. Dieser liege aber im konkreten Fall nicht vor, da die Klägerin insoweit keinen Termin beim FA oder Finanzgericht wahrgenommen habe. Im Übrigen sei der Begriff der vorübergehenden Dienstleistungserbringung weit auszulegen, so dass selbst die gelegentliche Wahrnehmung von Behörden oder Gerichtsterminen nicht als schädlich anzusehen wäre. Wegen der weiteren Ei...