Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche gegen einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter bei Zahlungen in die Insolvenzmasse vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 1, §§ 47-48, 55 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 60 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. September 2010 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der von ihm gegen den Kläger als Insolvenzverwalter der O GmbH geltend gemachten Zahlungsanspruch zu. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Überlegungen:
1.
Dem Kläger steht kein Anspruch aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Insolvenzmasse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu. Diese Vorschrift erfasst ungerechtfertigte Bereicherungen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Die Überweisung des Klägers erfolgte zu der Zeit, als der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter ohne eigene Verfügungsbefugnisse bestellt worden war. In diesem Fall des sog. „schwachen” Insolvenzverwalters findet zudem § 55 Abs. 2 InsO keine Anwendung. Nach dieser Norm sind Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, als Masseverbindlichkeiten zu behandeln. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorschrift auch den Fall der ungerechtfertigten Massebereicherung des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO erfasst, da die Verfügungsbefugnisse über das Vermögen auf den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter nicht übergegangen war.
Der Bereicherungsanspruch des Klägers ist deshalb eine bloße Insolvenzforderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet werden muss. Das gilt unabhängig davon, ob der Bereicherungsanspruch des Klägers als Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB) oder Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB) einzuordnen ist.
2.
Zugunsten des Klägers bestehen des weiteren keine Schadensersatzansprüche wegen einer Pflichtverletzung des Klägers in seiner Stellung als vorläufiger Insolvenzverwalter gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 60 Abs. 1 InsO. Eine Pflichtverletzung des Klägers kann der Senat nicht feststellen.
a)
Der Beklagte handelte nicht pflichtwidrig, als er es unterließ, einer Auszahlung der Bereicherungssumme an den Kläger zuzustimmen. Denn nach dem Beschluss des AG Essen vom 09.06.2009, mit dem der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde, war es die Aufgabe des Beklagten, durch Überwachung das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu erhalten. Mit dieser Verpflichtung ist es nicht vereinbar, die Zustimmung zur Erfüllung von Insolvenzforderungen zu erteilen. Die Auszahlung an den Kläger wäre darüber hinaus grundsätzlich nach §§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar gewesen mit der Folge, dass der Kläger den zurückgezahlten Betrag der Insolvenzmasse hätte wieder zur Verfügung stellen müssen (§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO).
b)
Des weiteren hat der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter keine gegenüber dem Kläger bestehende Verpflichtung dadurch missachtet, dass er kein eigenes Treuhandkonto für die Einzahlungen der Kunden der O GmbH einrichtete. Zwar hatte der Beklagte nach dem Beschluss vom 09.06.2009 des AG Essen eingehende Gelder entgegenzunehmen. Der Zweck dieser Regelung besteht jedoch ausschließlich darin, das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu sichern. Mit dieser Auflage des AG Essen werden deshalb keine Pflichten begründet, die gegenüber den Kunden der Insolvenzschuldnerin bestehen.
3.
Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch aus §§ 47, 48 InsO auf der Grundlage eines Aussonderungsrechtes vor dem Hintergrund des bei der Insolvenzschuldnerin für ihn eingerichteten „Kundenkontos”.
Aus dem Konto kann sich ein Aussonderungsrecht ergeben, wenn mit dem Konto für Gutschriften ein Treuhandverhältnis im Sinne einer uneigennützigen Treuhand begründet wurde. Ein entsprechendes Treuhandverhältnis führt im Fall der Insolvenz des Treuhänders (hier: O GmbH) zu einem Aussonderungsrecht. Die Annahme eines entsprechenden „Kontos” setzt eine Separierung des Treuguts in Form einer Gutschrift durch eine Verbuchung auf dem Konto voraus. Darüber hinaus muss mit der verbuchten Gutschrift ein Anspruch geschaffen werden, der nach außen der Insolvenzschuldnerin zusteht, den sie aber im Verhältnis zum Kläger für diesen zu verwalten hatte. Letzteres dürfte unproblematisch sein. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass das „Kundenkonto” ein Außenverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und einer Bank/Sparkasse begründete. Es handelt sich vielmehr, wie die Vertreter des Beklagte...