Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutz bei missbräuchlichem Insolvenzantrag
Leitsatz (amtlich)
Im Einzelfall, wenn der antragstellende Gläubiger das Recht und die Möglichkeit einen Insolvenzantrag gem. § 14 InsO zu stellen missbraucht, um mit einem unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzantrag außerhalb des Insolvenzverfahrens liegende Ziele zu verfolgen, kann der Schuldner im Wege der einstweiligen Verfügung negatorischen Rechtsschutz begehren, da in diesen Fällen ein effektiver Rechtsschutz im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht gewährleistet werden kann. Begründet ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dann, wenn der Gläubiger vorsätzlich, in der Absicht den Schuldner zu schädigen, einen unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzantrag gestellt hat.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 20.10.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt im Weg der einstweiligen Verfügung, dass der Antragsgegnerin aufgegeben werde, einen hinsichtlich des Vermögens der Antragstellerin gestellten Insolvenzantrag zurückzunehmen und zu unterlassen einen Insolvenzantrag hinsichtlich des Vermögens der Antragstellerin zu stellen.
Die Antragstellerin betreibt eine Autoreparaturwerkstatt, einen Autohandel, eine Tankstelle und eine Autowaschanlage in K. Die Antragsgegnerin war die Hausbank der Antragstellerin - wie zuvor schon die von der Antragsgegnerin übernommene Raiffeisenbank K. Sie kündigte die Geschäftsverbindung am 18.2.2003 und verlangt von der Antragstellerin die Zahlung von 687.115,29 EUR. Die Antragstellerin hat ihrerseits gegen die Antragsgegnerin Klage auf Zahlung von Schadensersatz erhoben (LG Trier - 4 O 601/04). Sie hat insoweit vorgetragen, die Antragsgegnerin und deren Rechtsvorgängerin hätten im Rahmen der Geschäftsbeziehung durchgehend die Konten falsch geführt, indem sie überhöhte, ihr nicht zustehende Zinsen und Gebühren den Konten belastet habe.
Am 15.5.2005 stellte die Antragsgegnerin bei dem AG W. den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin. Mit Beschluss vom 13.5.2005 hat das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen angeordnet und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, diesen Beschluss auf Gegenvorstellung der Antragstellerin jedoch am 18.5.2005 wieder aufgehoben. Mit Beschluss vom 10.10.2005 hat es schließlich einen Sachverständigen mit der Feststellung beauftragt, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt. Der Antragstellerin hat es in diesem Zusammenhang Auflagen erteilt.
Die Antragstellerin hat vorgetragen:
Das AG - Insolvenzgericht - habe fehlerhaft entschieden. Die Antragsgegnerin betreibe das Insolvenzverfahren in rechtsmissbräuchlicher Weise, um sie, die Antragstellerin, in den Ruin zu treiben und die Inanspruchnahme aus der Schadensersatzforderung von etwa 580.000 EUR zu verhindern. Es handele sich um eine unerlaubte Handlung, insb. auch vorsätzliche Schädigung und Kreditgefährdung.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, den von ihr unter dem 12.5.2005 hinsichtlich des Vermögens der Antragsteller gestellten Insolvenzantrag (AG Wittlich - 7a IN 45/05) zurückzunehmen;
2. der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollziehen jeweils an den Vorständen der Antragsgegnerin, zu unterlassen, einen Insolvenzantrag hinsichtlich des Vermögens der Antragsteller zu stellen.
Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat den Antrag schon für unzulässig, aber auch für unbegründet erachtet.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Sie macht geltend:
Entgegen der Auffassung des LG sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig. Sie mache im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen materiell-rechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, der sich aus pVV bzw. § 280 BGB und außerdem aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) bzw. § 1004 BGB analog und aus § 824 BGB herleite. Das LG sei befugt, die Voraussetzungen des § 14 InsO als Vorfrage für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu prüfen. Im Falle eines unberechtigten Insolvenzantrages müsse auch die Möglichkeit bestehen, im Wege einer einstweiligen Verfügung dagegen vorzugehen. Es bestehe kein Recht der Antragsgegnerin, einen ungerechtfertigten Insolvenzantrag zu stellen und hierüber den Ruin der Antragsteller herbeizuführen. Die Antragsgegnerin habe bei Stellung des Insolvenzantrages Kenntnis davon gehabt, dass der von ihr behauptete Anspruch nicht bestehe. Außerdem habe ...