Leitsatz (amtlich)
1. Verschuldet ein Steuerberater, dass das Finanzamt von seinem Mandanten Säumniszuschläge erhebt, so tritt die für den Beginn der Verjährung nach § 68 StBerG a.F. maßgebliche objektive Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten bereits ein, wenn eine festgesetzte Steuerforderung bzw. Steuernachforderung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet worden ist (§ 240 Abs. 1 S. 1 AO). Einer gesonderten Festsetzung der Säumniszuschläge bedarf es nicht.
2. Die Fälligkeit einmal verwirkter Säumniszuschläge wird weder durch eine nachträgliche Berichtigung, Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung noch durch die Gewährung einer neuen Zahlungsfrist berührt.
3. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt, ohne dass eine Aufhebung der Vollziehung der Steuerfestsetzung vorliegt, die Säumniszuschläge nicht einzieht.
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 2.2.2005 verkündete Urteil des LG Stendal, 21 O 261/03, wird teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte wegen ihrer außergerichtlichen Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000 EUR.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten Schadenersatz wegen einer fehlerhaften steuerlichen Beratung in den Jahren 1996 und 1997; als Schaden machen sie gegen sie festgesetzte Säumniszuschläge aus einer Einkommenssteuernachveranlagung sowie eigene Aufwendungen für einen anderen Steuerberater in Rechtsbehelfsverfahren, betreffend die Nachveranlagung, geltend.
Die Beklagte, damals noch firmierend unter G. Steuerberatungsgesellschaft mbH in L., war mindestens seit 1989 Steuerberaterin der Kläger; u.a. beriet sie die Kläger auch im Rahmen der gemeinschaftlichen Einkommenssteuerveranlagung und erstellte die erforderlichen Steuererklärungen.
Im Jahre 1996 beanstandete das für die Kläger zuständige Finanzamt L., dass die Kläger in geschäftlichen Transaktionen des Veranlagungsjahres 1991 verdeckte steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt, aber nicht als Einnahmen versteuert hätten. Mit Bescheid vom 18.12.1996 änderte das Finanzamt den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1991 ab und setzte eine Nachzahlung für die Einkommenssteuer i.H.v. 171.333 DM und für den Solidaritätszuschlag i.H.v. 6.424,98 DM fest. Für die Nachzahlung setzte es den Klägern eine Zahlungsfrist bis zum 27.1.1997.
Auf Anraten der Beklagten legten die Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 18.12.1996 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Die Beklagte stellte den Klägern in Aussicht, dass mit einer Aussetzung der Vollziehung zu rechnen sei. Jedenfalls müsse bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nicht gezahlt werden.
Mit Bescheid vom 8.4.1997 bewilligte das Finanzamt hinsichtlich eines Teilbetrages die Aussetzung der Vollziehung; im Übrigen setzte es eine erneute Zahlungsfrist bis zum 18.4.1997. Ab dem 18.4.1997 berechnete das Finanzamt Säumniszuschläge wegen Nichtzahlung desjenigen Teilbetrages, für den keine Aussetzung der Vollziehung angeordnet worden war.
Gegen die teilweise Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legten die Kläger, vertreten durch die Beklagte, Beschwerde ein, die im Februar 2000 ohne Zulassung eines weiteren Rechtsmittels abgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde im August 2000 zurückgewiesen. Der gesamte Schriftverkehr hierzu war den Klägern persönlich unbekannt. Die Kläger behaupten, dass die Beklagte auf ihre diversen Nachfragen zum Sachstand u.a. auch immer wieder betont hätte, dass es nicht notwendig sei, dass sie - die Kläger - Zahlungen auf die Nachveranlagung leisteten. Die Kläger wurden nach eigenen Angaben erst durch Schreiben des Finanzamts vom 9.5.2000 auf die teilweise Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung und mithin auf ihre trotz Rechtsbehelfsverfahrens bestehende Verpflichtung zur Zahlung aufmerksam; mit diesem Schreiben wurde die Zwangsvollstreckung wegen des vollziehbar festgesetzten Teilbetrages der Nachveranlagung angekündigt. Nach Pfändung der Konten der Kläger nahmen diese ein Darlehen auf und beglichen die Forderungen des Finanzamtes. Sie zahlten u.a. auch Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung der nachveranlagten Einkommenssteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 1991i.H.v. insgesamt 36.176,90 DM (= 18.496,96 EUR) für die Zeit vom 18.4.1997 bis zum 15.8.2000.
Im Einspruchsverfahren erließ das Finanzamt L. am 7.8.2000 einen Teilabhilfebescheid; im Übrigen wies es den Einspruch als...