Zusammenfassung
Überlässt der vermeintliche Organträger der vermeintlichen Organgesellschaft ein Betriebsgrundstück, liegt eine für eine umsatzsteuerliche Organschaft erforderliche wirtschaftliche Eingliederung vor, wenn das Betriebsunternehmen seine Tätigkeit aus innerbetrieblichen Gründen ohne das gemietete Grundstück nicht oder nur nach Überwindung von "nicht nur unerheblichen Schwierigkeiten" hätte fortsetzen können.
Hintergrund
Die B-GmbH betrieb eine Anlage, um Schadstoffe aus kontaminiertem Material zu entfernen, wie etwa Boden oder Bauschutt. Sie bot ihren Kunden an, das kontaminierte Material abzuholen, zu testen, zu behandeln und anschließend zu verwerten oder zu entsorgen.
Die Geschäfte der GmbH fanden auf angemieteten Flächen statt, die von ihrem Mehrheitsgesellschafter B und einer Schwester-GmbH bereitgestellt wurden. In dem von B angemieteten Büro- und Verwaltungsgebäude waren die Geschäftsführung, der Vertrieb und Marketing, die Qualitätssicherung, die Buchhaltung sowie das Sekretariat ansässig.
Nachdem die GmbH insolvent wurde, machte der Insolvenzverwalter für zurückliegende Jahre geltend, dass es eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der GmbH und B gegeben habe und die gezahlte Umsatzsteuer fälschlicherweise an das Finanzamt abgeführt wurde.
Das Finanzamt war jedoch der Meinung, dass zwar eine finanzielle und organisatorische Verbindung zwischen der GmbH und B bestand, nicht jedoch eine wirtschaftliche. Eine bloße Vermietung der Büroräume reiche für eine wirtschaftliche Eingliederung nicht aus.
Entscheidung
Aufgrund teilweise eingetretener Verjährung und insolvenzrechtlicher Besonderheiten hielt das Finanzgericht (FG) die Klage nur teilweise für begründet.
Betreffend der Thematik der umsatzsteuerlichen Organschaft gab es dem Insolvenzverwalter allerdings recht und bejahte (auch) die wirtschaftliche Eingliederung.
Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, dass die GmbH als Betriebsunternehmen ihre Tätigkeit aus innerbetrieblichen Gründen ohne das gemietete Grundstück nicht oder nur nach Überwindung von nicht nur unerheblichen Schwierigkeiten hätte fortsetzen können.
Sämtliche wesentlichen technischen und unternehmerischen Entscheidungen der GmbH waren in dem angemieteten Bürogebäude getroffen worden und der Standort wurde im Internet als Hauptverwaltung beschrieben. Auch die Größe der Bürofläche von 376 m² und die Ansiedlung einer sog. Innovationsmeile sprachen nach Ansicht des Finanzgerichts gegen eine jederzeitige Austauschbarkeit dieses Grundstücks.
Eine Kündigung des Mietvertrags hätte in Anbetracht der Größe der Geschäftsräume und der Anzahl der dort beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in jedem Fall zu einer erheblichen Störung des Betriebsablaufs und damit zu einer Beschränkung der Umsatztätigkeit geführt.