Rz. 25
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung ist ein Gebäude
- Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt,
- den Aufenthalt von Menschen gestattet,
- fest mit dem Grund und Boden verbunden,
- von einiger Beständigkeit und
- ausreichend standfest
ist.
Für die bewertungsrechtliche Einordnung eines Bauwerks als Gebäude ist maßgeblich, ob es alle Merkmale eines Gebäudes erfüllt. Dies ist letztlich anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Der bewertungsrechtliche Gebäudebegriff wird umfassend in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 5.6.2013 (Abgrenzungserlass) umschrieben. Die mit Bezug auf § 68 BewG herausgegebenen Verwaltungsanweisungen sind auf die nahezu identischen Regelungen in § 243 BewG übertragbar.
Bewertungsrechtlich setzt der Gebäudebegriff nicht voraus, dass das Bauwerk über die Erdoberfläche hinausragt. Infolgedessen können auch unter der Erd- oder Wasseroberfläche befindliche Bauwerke, wie z. B. Tiefgaragen, unterirdische Betriebsräume, Lagerkeller und Gärkeller, Gebäude sein. Entsprechendes gilt für Bauwerke, die ganz oder zum Teil in Berghänge eingebaut sind. Ausgehend vom Gebäudebegriff sind die Gebäude insbesondere von den Betriebsvorrichtungen abzugrenzen (Rz. 46, 47).
Rz. 26
Das Gebäudemerkmal der räumlichen Umschließung setzt voraus, dass das Bauwerk einen Raum umschließt und dadurch gegen äußere Witterungseinflüsse schützt. Keine Voraussetzung ist, dass das Bauwerk allseitig durch Außenwände umschlossen ist. Selbst wenn die Außenwände an allen Seiten fehlen, kann ein Gebäude vorliegen, wenn das Bauwerk nach der Verkehrsauffassung einen Raum umschließt und dadurch gegen Witterungseinflüsse schützt. Anhand der Umstände des Einzelfalls ist zu entscheiden, ob eine Überdachung allein eine räumliche Umschließung gewährleistet. Allseitig offene überdachte Markthallen, Industriehallen, Bahnsteighallen und ähnliche Hallen gewährleisten eine räumliche Umschließung und können daher als Gebäude angesehen werden, wenn auch die übrigen Merkmale eines Gebäudes vorliegen. Eine Tankstellenüberdachung mit einer Fläche von mehr als 400 m² ist bewertungsrechtlich ebenfalls als Gebäude zu beurteilen. Bei frei stehenden schmalen Überdachungen und ähnlichen Schutzdächern kann hingegen nach der Verkehrsauffassung ein Schutz durch räumliche Umschließung nicht mehr angenommen werden, wenn ihre Breite nicht mindestens die doppelte mittlere lichte Höhe aufweist. Bei frei stehenden Überdachungen in leichter Bauausführung, wozu weder Bahnsteig-, Haltestellen- noch Tankstellenüberdachungen gehören, soll nach der Verwaltungsauffassung ein Schutz durch räumliche Umschließung nicht gewährleistet sein, wenn die überdachte Fläche, unabhängig von der Höhe, nicht mehr als 30 m² beträgt.
Rz. 27
Ein Gebäude setzt des Weiteren voraus, dass das Bauwerk den Aufenthalt von Menschen gestattet. Hierzu muss es fertiggestellt bzw. bezugsfertig sein. Es muss durch normale Eingänge, z. B. Türen, betreten werden können. Behelfsmäßige Eintrittsmöglichkeiten, wie z. B. Luken, Leitern oder schmale Stege genügen nicht. Nicht erforderlich ist, dass das Bauwerk zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. Allerdings muss darin ein mehr als nur vorübergehender Aufenthalt möglich sein. Bei kleinen Bauwerken, wie Transformatorenhäuschen, kleine Rohrnetzstationen oder Pumpenhäuschen, die Betriebsvorrichtungen enthalten und nicht mehr als 30 m² Grundfläche haben, soll dies nach der Verwaltungsauffassung nicht möglich sein. Unerheblich ist hingegen, wenn sich Menschen nur in Schutzkleidung in dem Bauwerk aufhalten können. Bauwerke, in denen wegen extremer Bedingungen während des laufenden Betriebs ein Aufenthalt von Menschen nicht oder nur kurzfristig mit Schutzkleidung möglich ist, sind allerdings keine Gebäude. Die Eignung zu einem mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt fehlt, wenn in dem Bauwerk kontinuierlich ablaufende Betriebsvorgänge stattfinden, die den Aufenthalt von Menschen überhaupt nicht oder nur während kurzer Betriebspausen zulassen. So ist z. B. ein vollautomatisches Hochregallager, bei denen die einzelnen Lagergassen von Menschen nur betreten werden können, wenn die jeweilige Lagermaschine außer Betrieb gesetzt ist, nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung anzusehen. Die Gebäudeeigenschaft geht hingegen nicht verloren, wenn der Aufenthalt der Menschen nur während eines Betriebsvorgangs vorübergehend nicht möglich ist, z. B. bei Versuchen oder gewissen Arbeitsvorgängen in Laboratorien. Es genügt auch, dass einzelne Flächen den Aufenthalt von Menschen erlauben, die dann allerdings im Verhältnis zum Ganzen nicht von untergeordneter Bedeutung sein dürfen (z. B. bei Autowaschanlagen). Die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zur Dauer des Aufenthalts sind kein Maßstab für die Geb...