Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung - Erzielung gewerblicher Mieteinnahmen - Wegfall der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG?
Leitsatz (amtlich)
1. Ein lediglich geringfügiger Anteil der - aufgrund einer Betriebsaufspaltung - gewerblichen Mieteinnahmen am Gesamtumsatz der ansonsten vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt noch nicht zu einem Wegfall der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Lediglich bei einem "äußerst geringen Anteil" der gewerblichen Einnahmen am Gesamtumsatz unterbleibt trotz der Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Infizierung der übrigen (hier vermögensverwaltenden) Tätigkeit durch die gewerbliche Tätigkeit (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung, Urteil vom 10.8.1994 I R 133/93, BFHE 175, 357, BStBl II 1995, 171; vom 11.8.1999 XI R 12/98, BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229).
2. Bei einem (originär) gewerblichen Umsatz am Gesamtumsatz von mehr als 5 % (im Streitfall 6,31 %) liegt ein "äußerst geringer Anteil" im Sinne der o.g. Rechtsprechung nicht mehr vor.
3. Der gewerbesteuerliche Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG stellt im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG keine absolute Geringfügigkeitsgrenze dar, unterhalb derer der Anteil der originär-gewerblichen Einkünfte stets als "äußerst geringfügig" und damit als unschädlich im Sinne der o.g. Rechtsprechung anzusehen wäre (2. und 3.: Bestätigung von FG Münster, Urt. vom 19.6.2008 8 K 4272/06 G, EFG 2008, 1975).
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1, 3 Nr. 1; GewStG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwischen der Klägerin und der ...betriebsgesellschaft mbH (X GmbH) im Streitjahr (1999) eine Betriebsaufspaltung mit der Folge bestand, dass sämtliche gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestehend aus den Gesellschaftern A, B, C und D. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 1994 von den Eheleuten A und B gegründet. Nach § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages betrugen die Beteiligungsquoten für A 52 % und für B 48 %. Mit Schenkungsvereinbarung vom 15. April 1995 übertrugen die Gesellschafter A und B je 12 % ihrer Beteiligungsquoten auf ihre Kinder C und D, wodurch sich ihre eigenen Beteiligungsquoten auf 28 bzw. 24 % reduzierten und die Gesellschafter C und D eine Beteiligung zu je 24 % erhielten.
Der Gesellschaftsvertrag enthält darüber hinaus u. a. folgende, hier relevante Bestimmungen:
"
§ 2
(1) Gegenstand der Gesellschaft ist der Erwerb und die Verwaltung von Vermögen im In- und Ausland, insbesondere von Grundbesitz und damit in Zusammenhang stehendem Kapitalvermögen.
(2) Die Gesellschaft darf keinen Gewerbebetrieb im Sinne des deutschen Steuerrechts betreiben. Alle etwaigen gemeinschaftlichen gewerblichen Aktivitäten der Gesellschafter im Zusammenhang mit dieser Gesellschaft oder ohne einen solchen werden im Rahmen einer gesonderten Gesellschaft bürgerlichen Rechts durchgeführt, für die die §§ 705 ff BGB unmittelbar Anwendung finden, sofern kein separater Gesellschaftsvertrag geschlossen ist.
§ 3
...
(4) Als Gesellschaftereinlage legt Herr A das ihm gehörende Grundstück G in die Gesellschaft ein.
§ 4
(1) Die Gesellschaft wird bis zum 31. Dezember 2020 fest geschlossen. Sie kann zu diesem Zeitpunkt erstmals mit einer Frist von 24 Monaten gekündigt werden.
(2) Dem Gründungsgesellschafter A steht ein höchstpersönliches außerordentliches Kündigungsrecht mit sechsmonatiger Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Geschäftsjahres zu.
...
§ 5
...
(2) Zu ersten Geschäftsführern sind die Gründungsgesellschafter bestellt, wobei die aktive Geschäftsführung bei Frau B liegt. Sie sind alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Eine Abberufung dieser Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss ist ausgeschlossen.
§ 6
(1) Gesellschafterbeschlüsse sind in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig. Die Beschlussfassung erfolgt mit einfacher Mehrheit. Abgestimmt wird nach den in § 3 Abs. (1) genannten Quoten.
...
(7) Gesellschafterbeschlüsse gegen die Stimme des Gründungsgesellschafters A sind ausgeschlossen.
...
§ 10
(2) Kündigt ein Gesellschafter, so scheidet er aus der Gesellschaft aus. Die Gesellschaft wird von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt.
(3) Im Falle der Kündigung durch Herrn A scheiden alle übrigen Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Die Kündigung kann auf das Ausscheiden einzelner Gesellschafter beschränkt werden.
...
§ 12
(1) Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters - aus welchem Grunde auch immer - wird jeglicher Abfindungsanspruch ausgeschlossen.
..."
Aufgrund einer Auflassung vom 13. März 1995 wurde zunächst die Klägerin bestehend aus den Gesellschaftern A und B in das Grundbuch als Eigentümerin des Grundstücks G eingetrage...