Rz. 9

Der Beginn der Außenprüfung fällt zeitlich zumeist mit dem Erscheinen des Prüfers am Prüfungsort zusammen. Begrifflich ist er von diesem aber zu unterscheiden.[1] Es reicht nicht aus, dass der Prüfer erscheint, um die Prüfungsanordnung zu übergeben[2] oder den zeitlichen Ablauf der Prüfung zu besprechen[3], sich sodann aber wieder vom Prüfungsort entfernt. Voraussetzung für den Beginn der Außenprüfung ist vielmehr, dass der Prüfer nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung konkrete Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls aufnimmt.[4] Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die Handlungen, die der Prüfer am Prüfungsort vornimmt, solche zur Ermittlung des Steuerfalls sind.[5]

Der Prüfer muss ernsthaft mit der sachlichen Prüfung des Steuerfalls begonnen haben, ohne dass es darauf ankommt, ob die ersten Prüfungshandlungen zu verwertbaren Ergebnissen geführt haben.[6] Es genügt, dass der Prüfer damit beginnt, allgemeine Informationen über den zu prüfenden Steuerfall zu sammeln. Dies kann ggf. auch durch das Studium der Steuerakten geschehen.[7] Als Beginn der Außenprüfung ist auch ein Auskunfts- und Vorlageersuchen der Finanzbehörde anzusehen, mit dem unter Hinweis auf die Außenprüfung um Beantwortung verschiedener Fragen und Vorlage bestimmter Unterlagen gebeten wird.[8]

Voraussetzung ist jedoch, dass die entsprechenden Maßnahmen nach dem Zeitpunkt erfolgen, der dem Stpfl. gem. § 197 Abs. 1 S. 1 AO als voraussichtlicher Prüfungsbeginn mitgeteilt wurde. Ein Aktenstudium, das vor diesem Zeitpunkt erfolgt, gehört noch zu den Prüfungsvorbereitungen.[9] Das Gleiche gilt für die gem. § 197 Abs. 3 AO mit der Prüfungsanordnung verbundene Anforderung von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen.[10]

Verwehrt der Stpfl. dem Prüfer unrechtmäßig den Zugang zu dem geprüften Betrieb, können auch bloße Schreiben an den Stpfl. Prüfungshandlungen sein, nicht jedoch, wenn der Zugang zum Betrieb rechtmäßig verwehrt wird.[11]

 

Rz. 10

Bei der digitalen Außenprüfung hängt die Bestimmung des Prüfungsbeginns von der Art des Datenzugriffs ab. Bei dem unmittelbaren Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 AO ergeben sich keine Besonderheiten. Da der Prüfer in diesem Fall nur die Möglichkeit hat, die gespeicherten Daten im Betrieb unter Nutzung des von dem Stpfl. oder eines von ihm beauftragten Dritten zu sichten, kann dieser Zugriff erst nach dem Erscheinen des Prüfers und dem nach den allgemeinen Grundsätzen zu bestimmenden Prüfungsbeginn erfolgen.[12] Komplizierter verhält es sich, wenn die Finanzbehörde im Zusammenhang mit einer Außenprüfung von dem mittelbaren Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 AO oder der Datenübertragung nach § 147 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 AO Gebrauch macht. Im ersten Fall sind die Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde auszuwerten und dieser zur Verfügung zu stellen. Im zweiten Fall sind die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzverwaltung zu übertragen. In beiden Fällen hat der Prüfer die Möglichkeit, die Daten auszuwerten, ohne zuvor bei dem Stpfl. zu erscheinen. Da von außen nicht festgestellt werden kann, ob und wann dies geschieht, wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Prüfung mit der Übergabe bzw. Übertragung beginnt.[13] U. E. gehört die Auswertung der von den Stpfl. übergebenen oder übertragenen Daten bis zu dem nach § 197 Abs. 1 S. 1 AO mitgeteilten Zeitpunkt des voraussichtlichen Prüfungsbeginns noch zur Prüfungsvorbereitung.

 

Rz. 11

Fraglich ist, ob die den Beginn der Außenprüfung markierenden Prüfungshandlungen für den Stpfl. erkennbar sein müssen. Die Finanzverwaltung[14] hält dies unter Berufung auf ältere Rspr. des BFH[15] für nicht erforderlich. Demgegenüber setzt der Beginn der Außenprüfung nach der neueren Rspr. des BFH Maßnahmen voraus, die für den Stpfl. i. S. der §§ 193ff. AO als Prüfungshandlungen erkennbar und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen.[16] Etwas anderes gilt naturgemäß für den Fall, dass die Außenprüfung an Amtsstelle durchgeführt wird.[17]

 

Rz. 12

Die vorstehend dargestellten Grundsätze gelten auch bei der Prüfung von Konzernen oder sonstigen zusammenhängende Unternehmen i. S. d. §§ 13-19 BpO. Da es sich um rechtlich selbständige Unternehmen handelt, ist der Prüfungsbeginn für jedes konzernangehörige Unternehmen gesondert zu bestimmen.[18]

Anders kann es sich nach der Verwaltungsauffassung verhalten, wenn mehrere konzernzugehörige Unternehmen von einer Finanzbehörde geprüft werden. Hat sich diese sich mit allen von ihr zu prüfenden Betrieben befasst, um sich einen Überblick über die prüfungsrelevanten Sachverhalte zu verschaffen, und die wirtschaftlichen, bilanziellen und liquiditätsmäßigen Verflechtungen zwischen den Unternehmen aus den unterschiedlichen Perspektiven untersucht, soll damit bereits ein einheitlicher Prüfungsbeginn gegeben sein.[19] Bei der Prüfung durch unterschiedliche Finanzbehörden verbleibt es hingegen stets bei der Einzelbetrachtung.[20]

Rz. 13 einstwei...

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