Rz. 28
Das EU-Amtshilfegesetz v. 26.6.2013 gründet sich auf der Richtlinie 2011/16/EU des Rates v. 15.2.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG v. 19.12.1977. Das EUAHiG setzt die EU-Amtshilferichtlinie v. 15.2.2011 in das nationale Recht um, die lt. § 2 Abs. 2 EUAHiG im deutschen Steuerrecht als "Amtshilferichtlinie" definiert wird. Aufgrund der BEPS-Diskussion erfuhr die Amtshilferichtlinie und dieser folgend das EUAHiG maßgebende Änderungen. So wurde mit der DAC 2 der Common Reporting Standard zum automatischen Austausch über Finanzkonten in das Recht der EU übertragen. Mit der DAC 3 wurde der automatische Austausch über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über Verrechnungspreisgestaltungen (sog. Tax Rulings) eingeführt. Die DAC 4 regelt den automatischen Austausch länderbezogener Berichte innerhalb der Mitgliedstaaten (Country-by-Country Reporting).
Die frühere, durch die Amtshilferichtlinie ersetzte EG-Amtshilferichtlinie v .19.12.1977 sollte die zuvor nur bilateralen (zweiseitigen) Amtshilfeabsprachen, die vorwiegend in DBA getroffen waren, für das Verhältnis der EG-Staaten untereinander durch eine multilaterale Regelung ersetzen bzw. überlagern. Sie ist immer wieder ergänzt und geändert worden, sodass auch das EGAmtshG immer wieder angepasst werden musste. Wegen der inzwischen dringend erforderlich gewordenen grundsätzlichen Veränderungen ist die neue Amtshilferichtlinie ergangen. Zu ihrer Umsetzung wurde dann auch ein neues nationales Transformationsgesetz notwendig, das mit dem EUAHiG geschaffen worden ist.
Die EG-Richtlinie war – wie jetzt auch die Amtshilferichtlinie – nicht automatisch geltendes nationales Recht geworden, sondern musste entsprechend ihrem Art. 12 von den Mitgliedstaaten zum 1.1.1979 in nationales Recht und in die Verwaltungspraxis umgesetzt werden. Dies ist in der Bundesrepublik erst durch die Einführung des EGAmtshG durch das SteuerbereinigungsG 1986 geschehen. Das EGAmtshG ist am 25.12.1985 in Kraft getreten. Ebenfalls verspätet ist auch die Amtshilferichtlinie erst durch das EUAHiG v. 26.6.2013 umgesetzt worden, hat allerdings ein Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2013 bestimmt. Die Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie hat die Bundesrepublik mit dem G. zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016 in nationales Recht umgesetzt.
In den Anm. zum EUAHiG (NG 3) ist der Inhalt der Amtshilferichtlinie zwar nicht wörtlich wiedergegeben, aber in die Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften einbezogen worden. Mit den meisten der anderen EG-Staaten hat die Bundesrepublik Amtshilfevereinbarungen mit Großer Klausel, meist auch DBA mit Großer Auskunftsklausel. Diese Klauseln sprechen die Auskunftsformen des automatischen und des spontanen Auskunftsaustauschs nicht ausdrücklich an, schließen sie allerdings auch nicht aus.
Die Abkommenstexte könnten daher weitergehend ausgelegt werden als bisher, zumal in Ziff. 9 des Kommentars zum OECD-Musterabkommen DBA 2014 diese Formen offiziell angesprochen werden. Die Großen Klauseln mit den anderen EU-Staaten enthalten allerdings zum großen Teil eine Beschränkung auf den Zweck der Verhinderung von Steuerhinterziehungen (DBA Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland), während die Amtshilfe-Richtlinie der EU trotz ihres in der Präambel zum Ausdruck gekommenen politischen Ansatzes praktisch weit über die Eindämmung der Steuerhinterziehung und Steuerflucht hinausgeht. Deswegen gehen die Regeln der EU-Richtlinie weiter als die Abkommen mit den meisten EG-Staaten. Regelmäßig ist daher jetzt nur das EUAHiG anzuwenden. Der Anspruch des anderen EU-Staates auf Amtshilfe leitet sich entsprechend vorrangig aus den EU-Amtshilferichtlinien ab.
Rz. 28a
Da das EUAHiG meist vorrangig als Spezialregelung anwendbar ist, enthält § 117 Abs. 2 AO lediglich nur noch in Form einer Programmaufzählung die Aussage, dass die deutschen Finanzbehörden aufgrund des EUAHiG und – für den Zollbereich – aufgrund innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der EU Rechts- und Amtshilfe leisten können. Die Einzelregelungen auch für die Besitz- und Verkehrsteuern ergeben sich also künftig weitgehend aus dem EUAHiG. Soweit sich aus den völkerrechtlichen Abkommen weitergehende Möglichkeiten ergeben, werden diese allerdings nicht durch das insoweit engere Recht des EUAHiG ausgeschlossen.