Rz. 59

Der Vertrauensschutz unterliegt jedoch nach § 176 Abs. 1 S. 2 AO einer Einschränkung, wenn der Stpfl. die neue, für ihn günstige Rechtsprechung in einer Steuererklärung oder Steueranmeldung verwertet hat. Ändert der BFH seine Rspr. zugunsten des Stpfl., will die Finanzverwaltung dies jedoch nicht hinnehmen, und strebt sie daher einen neuen Musterprozess an, so werden die FÄ i. d. R. angewiesen, die neue, für den Stpfl. günstige Rspr. nicht anzuwenden. Trotzdem kann es geschehen, dass die Finanzbehörde einen Steuerbescheid erlässt, der auf der neuen Rspr. beruht, ohne dass sie das erkennen konnte, weil der Stpfl. die neue, für ihn günstige Rspr. in einer Steuererklärung oder -anmeldung verwertet hat. Worauf die einzelnen Zahlen der Steuererklärung oder -anmeldung beruhen, ist für die Finanzbehörde häufig nicht erkennbar, sondern soll erst im Rahmen einer Außenprüfung überprüft werden. Der Vertrauensschutz greift aber auch bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung ein. Bei einem solchen Sachverhalt wäre es nicht gerechtfertigt, den Vertrauensschutz des § 176 AO eintreten zu lassen, wenn angenommen werden kann, dass die Finanzbehörde bei Kenntnis aller Umstände nicht die neue, sondern die alte, für den Stpfl. ungünstige Rspr. angewandt hätte.[1] Diese Voraussetzung liegt jedoch regelmäßig nur dann vor, wenn die FÄ angewiesen worden sind, die neue Rspr. nicht anzuwenden. Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Anweisung, wird der Tatbestand des § 176 AO nur in Ausnahmefällen vorliegen, etwa dann, wenn auch ohne eine ausdrückliche Anweisung als sicher angenommen werden kann, dass der Ausgang eines weiteren Musterprozesses abgewartet werden sollte.

 

Rz. 60

Der Vertrauensschutz greift nur ein, wenn der Änderungsbescheid nach der Änderung der Rspr. ergeht. Es wird dabei unterstellt, dass die Finanzbehörde die ursprüngliche Steuerfestsetzung ändert, wenn und weil die Rspr. geändert worden ist. Änderung der Rspr. ist also ein konstituierendes Merkmal für das Eingreifen des Vertrauensschutzes. Noch keine Änderung der Rspr. liegt vor mit der Folge, dass noch kein Vertrauensschutz eingreift, wenn der Änderungsbescheid vor der Änderungsrechtsprechung ergeht. Dann war nicht die Änderung der Rspr. der Grund für die Änderung der Steuerfestsetzung, sondern eine geänderte Rechtsauffassung der Behörde. Hiergegen gibt es keinen Vertrauensschutz.[2]

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