Rz. 9

§ 1629a BGB (Beschränkung der Minderjährigenhaftung)

(1) Die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht oder sonstige vertretungsberechtigte Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft oder eine sonstige Handlung mit Wirkung für das Kind begründet haben, oder die aufgrund eines während der Minderjährigkeit erfolgten Erwerbs von Todes wegen entstanden sind, beschränkt sich auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes; dasselbe gilt für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die der Minderjährige gem. §§ 107, 108 oder § 111 mit Zustimmung seiner Eltern vorgenommen hat oder für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, zu denen die Eltern die Genehmigung des Familiengerichts erhalten haben. Beruft sich der volljährig Gewordene auf die Beschränkung der Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§ 1990, 1991 entsprechende Anwendung.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Verbindlichkeiten aus dem selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, soweit der Minderjährige hierzu nach § 112 ermächtigt war, und für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse dienten.

(3) Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Mithaftende sowie deren Rechte aus einer für die Forderung bestellten Sicherheit oder aus einer deren Bestellung sichernden Vormerkung werden von Abs. 1 nicht berührt.

(4) Hat das volljährig gewordene Mitglied einer Erbengemeinschaft oder Gesellschaft nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Volljährigkeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangt oder die Kündigung der Gesellschaft erklärt, ist im Zweifel anzunehmen, dass die aus einem solchen Verhältnis herrührende Verbindlichkeit nach dem Eintritt der Volljährigkeit entstanden ist; Entsprechendes gilt für den volljährig gewordenen Inhaber eines Handelsgeschäfts, der dieses nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Volljährigkeit einstellt. Unter den in S. 1 bezeichneten Voraussetzungen wird ferner vermutet, dass das gegenwärtige Vermögen des volljährig Gewordenen bereits bei Eintritt der Volljährigkeit vorhanden war.

Nach § 1629a BGB können volljährig gewordene Kinder die Haftung für wirksam von ihren gesetzlichen Vertretern oder ihnen selbst begründete Verbindlichkeiten auf das bei Eintritt in die Volljährigkeit bestehende Vermögen beschränken. Der Gesetzgeber hat diese zum 1.7.1999[1] eingeführte Vorschrift für das Vollstreckungsrecht ausschließlich über eine entsprechende Inbezugnahme im Rahmen des § 786 Abs. 1 ZPO für die Zwangsvollstreckung nach der ZPO umgesetzt. Eine entsprechende Anpassung des § 266 AO für die Steuervollstreckung wurde indes versäumt. Um eine Privilegierung des Fiskus gegenüber Privatgläubigern zu vermeiden, ist eine entsprechende Anwendung des § 266 AO im Fall des § 1629a BGB geboten.[2] Die Haftungsbeschränkung für Minderjährige nach § 1629a BGB ist wie die Beschränkung der Erbenhaftung im Wege der Einrede geltend zu machen.

[1] Art. 1 Nr. 2 MHbeG v. 25.8.1998, BGBl I 1998, 2487.
[2] BFH v. 1.7.2003, VIII R 45/01, BStBl II 2004, 35; Schlatmann, in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 12. Aufl. 2021, § 266 AO Rz. 4; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 266 Rz. 9; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 266 AO Rz. 27.

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