Rz. 16
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung trägt Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit Rechnung, die sich für den Einzelnen insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, aus informationsbezogenen Maßnahmen ergeben. Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatsphäre und lässt diesen schon auf der Stufe der bloßen Persönlichkeitsgefährdung, also bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern, beginnen. Selbst wenn die Erfassung eines größeren Datenbestandes nur der weiteren Verkleinerung der Treffermenge dient, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff in dieses Grundrecht liegen. Hier liegen die Daten den Finanzbehörden aber bereits vor (Rz. 29). Es kommt deshalb (nur) darauf an, ob und ggf. unter welchen Umständen die "bloße Datenzusammenführung" eine den Grundrechtseingriff auslösende Qualität aufweist.
Rz. 17
Eine Gefährdungslage entsteht aber auch schon beim Zusammenfügen von vorhandenen Datensammlungen. Schon dadurch werden vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten geschaffen, die grundrechtliche Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Person beeinträchtigen und Eingriffe in ihre Verhaltensfreiheit darstellen können, ohne dass die betroffene Person die Richtigkeit und Verwendung der gespeicherten Informationen zureichend kontrollieren kann. Das Eingriffspotenzial von Maßnahmen der elektronischen Datenverarbeitung liegt insbesondere in der Menge der verarbeitbaren Daten, die auf konventionellem Weg gar nicht bewältigt werden können.
Rz. 18
Allerdings ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet. Einschränkungen erfährt es insbesondere durch das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit. Zugunsten des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung streiten andererseits auch die Schranken des Vorbehalts des Gesetzes, des Bestimmtheitsgebots und des Verhältnismäßigkeitsgebots. Die Schwere des Grundrechtseingriffs ist abwägend in das Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe zu setzen, wobei es wesentlich darauf ankommt, ob zur Zweckerfüllung den Stpfl. weniger belastende, aber gleich effektive Alternativen zur Verfügung stehen. Dies kann hier jedenfalls insoweit ausgeschlossen werden, als eine Informationsbeschaffung von außerhalb der Finanzverwaltung jedenfalls einen ungleich schwereren Eingriff darstellen würde.
Rz. 19
Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung als Ausfluss des Art. 3 GG ist ein wesentlicher rechtsstaatlicher Auftrag. Eine ungleichmäßige – den rechtlichen Anforderungen nicht entsprechende – Besteuerung ist ein ungleichmäßiger Freiheitseingriff. Dabei betrifft die Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Stpfl. in ihrem Verhältnis zueinander im Rahmen einer Lastengemeinschaft. Bei der Erleichterung des Steuerverfahrens, der vollständigen Erfassung der Steuerquellen und der Sicherstellung der gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung handelt es sich um öffentliche Interessen, die im Rechtsstaatsprinzip und Gleichbehandlungsgebot verankert sind. Das BVerfG betont, dass das GG das Spannungsverhältnis Individuum/Gemeinschaft i. S. d. Gemeinschaftsbezogenheit der Person entschieden hat. Der Stpfl. muss Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Der Gesetzgeber hat zur Durchsetzung des Rechts hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende, Kontrollmöglichkeiten zu schaffen. Dem dient § 88b AO.