Rz. 45
Eine Unterbrechung des Rechtsstreits tritt gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 239 Abs. 1 ZPO beim Tod eines (nicht vertretenen) Beteiligten nach Verfahrenseinleitung ein. Hierdurch wird dem in die Rechtsstellung des Erblassers eintretenden Erben Gelegenheit gegeben, sich über den Gegenstand und den Inhalt des Klageverfahrens zu informieren. Die Wirkungen der Verfahrensunterbrechung treten mit dem Todeszeitpunkt kraft Gesetzes ein (Rz. 2–3). Eine während der Unterbrechung ergangene gerichtliche Entscheidung ist unwirksam und ist daher aus Gründen der Rechtsklarheit nach einem zulässigen Rechtsmittel aufzuheben.
Rz. 46
Die Unterbrechung des Verfahrens tritt nach § 239 Abs. 1 ZPO auch beim Tod eines nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig Beigeladenen ein. Nach a. A. soll das Gericht vielmehr die Beiladung des Verstorbenen aufheben und bei § 60 Abs. 3 FGO die Beiladung des Gesamtrechtsnachfolgers erneut prüfen. Der Tod eines nach § 60 Abs. 1 FGO einfach Beigeladenen bewirkt demgegenüber grundsätzlich keine Unterbrechung des Verfahrens.
Rz. 47
Die Regelungen des § 239 ZPO finden auch entsprechende Anwendung auf das Erlöschen einer juristischen Person oder einer beteiligtenfähigen Personenmehrheit, wenn eine (liquidationslose) Gesamtrechtsnachfolge eintritt. Die Anwendung des § 239 ZPO setzt deshalb voraus, dass andere Personen als "Gesamtrechtsnachfolger" im Sinne des § 239 ZPO behandelt werden, sodass bei einer Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft letztere jedenfalls nicht Rechtsnachfolgerin hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis nach § 48 FGO im Zusammenhang mit den Gewinnfeststellungsbescheiden wird. Vielmehr ist der Begriff der "Gesamtrechtsnachfolge" in § 239 ZPO im weitesten Sinn zu verstehen, sodass es in diesen Fällen gerechtfertigt ist, die durch den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid beschwerten Feststellungsbeteiligten als Rechtsnachfolger der Personengesellschaft im Prozess gegen diesen Gewinnfeststellungsbescheid anzusehen, wenn die Klagebefugnis der Gesellschaft während des anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens durch liquidationslose Vollbeendigung wegfällt. Ebenso ist § 239 ZPO auf die liquidationslose Vollbeendigung einer Personengesellschaft durch Übertragung ihres Gesellschaftsvermögens auf den letzten Gesellschafter sinngemäß anzuwenden. Eine Unterbrechung scheidet allerdings aus, wenn der Gesamtrechtsnachfolger bereits Beteiligter des Verfahrens ist. Im Falle der Liquidation einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und deren Löschung im Handelsregister liegt hingegen kein Fall des § 239 ZPO vor, weil die Gesellschaft solange fortbesteht, bis das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem FA noch nicht abgewickelt ist.
Rz. 48
Die Verfahrensunterbrechung nach § 239 Abs. 1 ZPO tritt allerdings gem. § 246 Abs. 1 ZPO dann nicht ein, wenn für das Klageverfahren ein Prozessbevollmächtigter bestellt ist, da die Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus rechtswirksam bleibt. Für die Anwendung der Vorschrift genügt es, dass ein Bevollmächtigter auftritt. Der Nachweis der Vollmacht ist nicht Voraussetzung, sodass eine Unterbrechung letztlich dann nicht eintritt, wenn der Nachweis der Bevollmächtigung endgültig misslingt. Der Prozessbevollmächtigte des verstorbenen Beteiligten und jeder andere Beteiligte kann allerdings nach § 246 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 FGO eine Aussetzung des Verfahrens beantragen, wenn die Information und die Entscheidung des Erben geboten erscheint. Die Aussetzung kann vom Bevollmächtigten während des gesamten Verfahrens beantragt werden, auch wenn er nach dem Tod des Beteiligten zunächst weiterverhandelt oder sogar auf die Aussetzung verzichtet hatte. Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich gem. § 246 Abs. 2 ZPO nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243 ZPO. Tritt der Tod eines Beteiligten in der Zeit nach Erlass des Urteils und vor Einlegung des Rechtsmittels, also "zwischen den Instanzen" ein, wird der verstorbene Beteiligte im Rechtsmittelverfahren noch als durch seinen Prozessbevollmächtigten in der Vorinstanz vertreten angesehen.
Rz. 49
Beim Tod eines Beteiligten während eines Rechtsmittelverfahrens beim BFH findet § 246 Abs. 1 ZPO nur dann Anwendung, wenn der bestellte Prozessbevollmächtigte postulationsfähig nach § 62 Abs. 4 FGO ist. Es genügt nicht, wenn ein im finanzgerichtlichen Verfahren bestellter Prozessbevollmächtigter gem. § 81 ZPO einen für das Verfahren vor dem BFH postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten hätte bestellen können, dies aber vor Eintritt des zur Unterbrechung führenden Ereignisses noch nicht getan hatte. In den Rechtsmittelverfahren vor dem BFH endet die Rechtsstellung als Prozessbevollmächtigter übrigens nicht mit der Niederlegung des Mandats, sondern wird erst mit der Anzeige der Bestellung eines anderen postulationsfähigen Bevollmächtigten wirksam.
Rz. 50
Nach § 239 Abs. 1 ZPO kann die Aufnahme des Verfahrens nur du...