Rz. 91
Pantomimische Werke und solche der Tanzkunst sind die rein optische, nicht gesprochene Darstellung eines Gedankeninhalts durch Mimik und Bewegung. Urheberrechtlich geschützt ist die Gestaltung des Werks als solche.
Rz. 92
Das Wesen der pantomimischen Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst liegt in der optischen Darstellung eines Gedankeninhalts durch Mimik und Bewegung, also ohne Worte. Gegenstand des Schutzes ist die Gestaltung als solche. Pantomimen, die sich selbst interpretieren, sind zugleich als Urheber und als ausübende Künstler geschützt. Eine schriftliche oder andere Festlegung des Bühnenvorgangs ist nicht erforderlich. Werke der Tanzkunst sind die Umsetzung und Ausdeutung von Musik mit oder ohne Handlungsablauf in bzw. durch tänzerische Bewegung.
Rz. 92a
Bei Choreografien handelt es sich um Werke, die durch ihren Inhalt oder durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen und von der Persönlichkeit ihres Urhebers geprägt sind. Choreografische Werke sind dabei nicht nur auf Bewegung, Schritte, Technik und Gebärden zu reduzieren, sondern sie sind tänzerische Kompositionen, die als Raum- und Bewegungschoreografien rhythmisch, metrisch und tempogebend gestaltet und für das Auge objektiv wahrnehmbar sind. Unabhängig von der künstlerischen Qualität und vom Genre, Stil oder Umfang gilt dies für alle Arten von choreografischen Werken. Liegt das Element eigenständiger künstlerischer Prägung in einer gestalterischen Originalität vor, so kann man von einer individuell-schöpferischen Gestaltung der Tanzkomposition ausgehen. Für den urheberrechtlichen Schutz dieser Werke genügt jedes Wahrnehmbarwerden. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Choreograf die Choreografie nach inhaltlicher Vorbereitung (mögliche Skizzierung der choreografischen Grundsituationen, Ideenskizze usw.) gemeinsam mit dem Ballett- oder Tanzensemble einstudiert. Die Choreografie muss dabei nicht schriftlich oder durch Bildträger fixiert sein, um Urheberrechtsschutz genießen zu können. Schutzfähig ist dabei lediglich die Art und Weise, wie etwas dargestellt wird – also die Darstellungsform –, nicht hingegen, was dargeboten wird – also die zugrunde liegende Handlung. Ist für das Werk jedoch bereits vorher eine Choreografie geschrieben oder erstellt worden, in welcher Bewegung und Schritte im Einzelnen konkret festgelegt sind, so ist bereits die Choreografie das Werk der Tanzkunst. In diesem Fall ist die für den Zuschauer sichtbare Körpersprache nicht das Werk, sondern nur noch die Interpretation des Werkes durch die Tänzer als ausübende Künstler i. S. v. § 73 UrhG, während der Choreograf in seiner Funktion als solcher gerade nicht selbst ausübender Künstler im Wege des Vortrags oder der Aufführung gem. § 19 Abs. 2 UrhG ist. Mithin stellt sich eine Choreografie als künstlerischer Schaffungsprozess im Zuge der Erstellung eines urheberrechtlich geschützten Werkes dar, welcher auch Wiederaufnahme- und Umsetzungsproben mitumfasst. Durch die Neuerarbeitung bzw. wiederholende Einarbeitung wird die künstlerische Handschrift des Choreografen zum prägenden, vorweggenommenen Element der künstlerischen Inszenierung im Wege der späteren Interpretation der ausübenden Künstler, sofern ein gestalterischer Spielraum für den Choreografen besteht und es nicht nur auf das bloße Training als solches ankommt, sondern eine Gesamtkomposition geschaffen werden soll. Werden hingegen ausschließlich (Grund-)Bewegungsabläufe trainiert und beigebracht, auf deren bloße Zurschaustellung es bei dem Bühnenstück – unabhängig von einer durch einen Choreografen erstellten Gesamtkomposition – ankommt, liegt kein Werk des Choreografen i. S. d. UrhG vor.